Schweizerisches Katholisches
Bibelwerk
Bibelpastorale Arbeitsstelle
Bederstr. 76 8002 Zürich
Tel.:
(0041) +44 205 99 60 Mail: info@bibelwerk.ch
Newsletter 23 / Februar 2008
Liebe Leserin, lieber Leser,
Der jüdisch-christliche Dialog gerade bei der Auslegung der Bibel ist
uns ein grosses Anliegen. Das das sehen Sie am Buch des Monats und das schlägt
sich nieder in unseren Auslegungen der alttestamentlichen Lesungstexte in der
SKZ, zu denen wir immer öfter positive Rückmeldungen bekommen. Sie sind zu
finden unter: http://www.bibelwerk.ch/index.php?&na=0,0,0,0,d,68682,0,0
Das Zitat dieser Woche ruft wieder einmal ins Bewusstsein, dass dieser
Dialog „nach Auschwitz“ stattfindet und von der Erinnerung an die Schoah
entscheidend geprägt ist.
In diesem Newsletter finden Sie viele interessante Veranstaltungen,
ganz aktuelle und solche zum Vormerken für weiteren Verlauf des Jahres.
Herzliche Grüsse vom Team der BPA
Dieter Bauer, Peter Zürn
„Es ist, als
befinde man sich in einem grossen Saal, in dem viele Menschen fröhlich sind und
tanzen und wo es auch einige Menschen gibt, die nicht glücklich sind und die
nicht tanzen. Und von Zeit zu Zeit werden einige von diesen letztgenannten
Menschen abgeholt, in einen anderen Raum geführt und erwürgt. Die glücklichen
Menschen, die im Saal tanzen, merken das überhaupt nicht. Vielmehr sieht es so
aus, als erhöhe das noch ihre Freude und verdoppele ihr Glück."
Moshe
Flinker, 16 Jahre, Brüssel, 21. Januar 1943, zitiert nach Saul Friedländer, Das
dritte Reich und die Juden, München 2007, S. 780.
Radio-Hinweis: "Gott, weiblich" -
Die Spuren der Weiblichkeit Gottes findet man auf Bildern und Skulpturen, in
Gebeten und Gedichten. Die schönsten Zeugnisse dieses fraulichen Gottesbildes
sind zur Zeit in Freiburg ausgestellt. Mehr dazu in "Siesta" Mittwoch,
27. Februar, 14.05, DRS1
Theologie und Sprache
Interdisziplinären Studienwoche der
Fachschaft Theologie deutsch vom 03.-07. März 2008 an der Universität Fribourg.
Das Thema «Theologie und Sprache» soll im Sinne einer «tour d´horizon» von
verschiedenen Seiten her beleuchtet werden. Dafür haben wir Referenten von
verschiedenen Universitäten und aus dem praktischen Bereich eingeladen. Thematisiert
werden u.a. die Bibel als Literatur, die Bibel in gerechter Sprache, das neue
Theaterstück von Hansjörg Schneider «Jesus und die drei Mareien» und auch der
Bereich der Predigttexte. Ein Liedermacher wird von seiner Arbeitsweise mit
religiösen Texten in Liedern berichten und Literaturwissenschaftler sollen zu
Wort kommen. Besonders hinweisen möchten wir auf die Lesung von Pedor Lenz am
Mottwoch Abend um 20h in der Art-Buvette an der rue Pierre-Aeby in Fribourg.
Weitere Informationen unter: http://www.kath.ch/index.php?&na=11,4,0,0,d,90406
Zum Vormerken:
Geschlechter Händel
Ein Wochenende zu Bibel-Musiken des G. F. Händel
Mit Thomas Markus Meier
Freitag, 12. September 18.00 bis Samstag, 13. September 16.00
in der Propstei Wislikofen (info@propstei.ch
056 201 40 40)
Bibel Klassiker
Lektüreseminar zu verschiedenen Bibelübersetzungen
u.a. mit Thomas Markus Meier
Freitag, 12. Dezember 18.00 bis Samstag, 13. Dezember 16.00
in der Propstei Wislikofen (info@propstei.ch
056 201 40 40)
Der strafende Gott und der Sieg der
Liebe
Besinnliche Wochenenden mit Hermann-Josef Venetz.
Das erste von vier Wochenenden findet am 13./14. Sept. statt und steht
unter dem Titel: Die
Botschaft vom Reich Gottes: Drohbotschaft oder Frohbotschaft?
Die Wochenenden beginnen am Sa. um 11.00 und enden am So. gegen 16.00 Uhr. Anmeldungen
nimmt das Bildungshaus St.Jodern, Visp entgegen. 027/ 946 74 74 oder stjodern@rhone.ch
Bibelausstellung in der
Dreikönigskirche in Visp vom 22.
Sept - 5.Okt.jeweils von 8.00 Uhr - 22.00 Uhr. Die Bibel entdecken mit allen
Sinnen. (Linzer Bibelausstellung) Dazu ein Rahmenprogramm mit Vorträgen,
Tänzen, Musik usw.
Karl-Josef
Kuschel, Juden – Christen – Muslime. Herkunft und Zukunft, Patmos
Verlag Düsseldorf 2007, 680 S., Euro 29,90 CHF 49,90, ISBN 3-491-72500-3
„Ein mustergültiges Buch zum interreligiösen Gespräch“
nannte Norbert Copray in seiner Besprechung in Publik Forum (19/2007) das Buch
von Karl-Josef Kuschel, dem Professor für die Theologie der Kultur und des
interreligiösen Dialogs in Tübingen und schloss mit dem Satz: „Es hat das
Zeug zu einem Standardwerk“. Der positiven Bewertung des Buches für den
interreligiösen „Trialog“ zwischen Juden, Christen und Muslimen
schliesse ich mich denn auch gerne an. Ich möchte im Folgenden besonders auf
ein zentrales Anliegen des Buches eingehen, nämlich die gegenseitige,
„trialogische“ Auslegung der Heiligen Schriften in den drei
Buchreligionen (zu den Konsequenzen eines solchen Ansatzes etwa für die
theologische Ausbildung vgl. Zitat der Woche 7/2007). Gerade im Blick auf das
BPA-Projekt der Lesungsauslegungen in der SKZ, bei dem wir altestamentliche
Texte „mit Israel lesen“, entnehme ich dem Buch wesentliche
Anregungen und Perspektiven.
Kuschels
vernetztes interreligiöses und trialogisches Denken hat drei Grundlagen:
die innere unauflösliche Beziehung der drei Religionen
die Theologie des Anderen nicht nur als „Anders-Gläubigen“, sondern
als „Anders-Gläubigen“ (S. 25) und die Orientierung an den Quellen
der Religionen
Daraus ergeben sich entscheidende Fragen und Grundhaltungen:
„Was bedeutet das muslimische und jüdische Glaubenszeugnis für mich als
Christen und meinen Christusglauben? Was bedeutet das Leben mit der Tora
angesichts des christlichen und muslimischen Glaubenszeugnisses? Was bedeutet
eine Lebensordnung im Lichte des Korans angesichts der Tatsache, das Christen
und Muslime den einen und wahren Gott je anders bezeugen? Grundvoraussetzung
für vernetztes Denken ist somit ein Nachdenken darüber, warum Gott für die
Menschen diesen und nicht einen anderen Weg gewählt hat. Warum er die Existenz
dieser drei Religionen miteinander, gegeneinander, jedenfalls nicht
ohneeinander wollte“ (S. 73f)
Mit
dem Blick auf die Heiligen Schriften der drei Religionen klärt Kuschel zunächst
kurz und prägnant die Voraussetzungen: den unterschiedlichen jüdischen und
christlichen Kanon, die Tradition der jüdischen und christlichen Koranlektüre
sowie die Art wie der Koran die ihm vorausgehenden Überlieferungen liest.
Den Hauptteil des Buches (S. 114-625) bilden vier thematische Durchgänge durch
die Heiligen Schriften. Sie orientieren sich an den grundlegenden Gestalten
Adam, Noach, Mose, Maria und Jesus sowie Abraham. Die vier Durchgänge sind mit
einer Ausnahme jeweils gleich strukturiert:
In einem ersten Schritt benennt Kuschel, welche menschlichen
„Urformen“ oder „Urnormen“ des menschlichen Lebens für
ihn in dieser Gestalt zum Ausdruck kommen (Thomas Manns Josephromane stehen
hierfür Pate). Ein zweiter Schritt zeigt die Spiegelungen dieser Urstoffe im
Koran, daran schliesst sich die Ausarbeitung der jüdischen und schliesslich der
christlichen Tradition an. Leitfrage ist hier jeweils: Was hat die jeweilige
Religion als spezifisch Eigenes in de Trialog einzubringen? In einem letzten
Schritt werden die aktuellen Folgerungen für den Trialog im Kontext der
heutigen globalen Welt gezogen. Die Ausnahme von dieser Struktur bildet der
Teil über Jesus und Maria. Hier besteht der erste Schritt in einer Darstellung
der belasteten Geschichte der jüdisch-christlichen Beziehung und von neueren
jüdischen Annäherungen an und Distanzierungen von Jesus (Jacob Neusner).
Am meisten Raum wird in den einzelnen Teilen der koranischen Tradition
eingeräumt, einzelne Suren werden im Wortlaut abgedruckt und interpretiert. Die
Kapitel über die jüdische Tradition sind sind eher kurz gehalten. Das
spezifisch Jüdische an der Mosesgestalt wird stark durch die Auseinandersetzung
mit dem Ägyptologen Jan Assmann und dem Literaten Thomas Mann geprägt. Hier
hätte ich mir mehr Raum für die rabbinische Auslegungstradition gewünscht. Die
ist allerdings in der Auseinandersetzung mit Adam oder Noach gut vertreten. In
der Beschäftigung mit Abraham werden die Ansätze von Irving Greenberg
(„der offene Bund“) und von Abraham Joshua Heschel („Keine
Religion ist ein Eiland“) vorgestellt.
In diesem Kontext ist auch die Darstellung des Dokumentes „Dabru emet
– Redet Wahrheit“ als positives Zeichen für vernetztes
interreligiöses Denken aus jüdischer Perspektive und der berührende persönliche
Epilog mit Erfahrungen in Cordoba zu erwähnen. Das Literaturverzeichnis ist
exzellent aufbereitet und weiterführend. Genauso hilfreich ist das
Personenregister.
Das
gesamte Buch von Karl-Josef Kuschel stellt eine grosse Herausforderung dar, die
Heiligen Schriften von Judentum, Christentum und Islam gegenseitig, trialogisch
zu lesen und auszulegen und ist eine richtungsweisende Begleitung auf diesem
Weg. Vielleicht ist die Fortsetzung unserer Auslegungsreihe „mit Israel
lesen“ hier schon grundlegend entworfen. Neben der Ausweitung auf die
muslimische Tradition, zu der Kuschel anregt und die er mit grosser Kenntnis
vollzieht, bedarf es aber einer weiteren Ausweitung: auf Frauengestalten in den
Heiligen Schriften und auf die feministischen bzw. genderorientierten
Auslegungstraditionen. Kuschels Buch ist sehr männerzentriert ohne dass das
näher reflektiert wird.
Peter
Zürn