Schweizerisches Katholisches Bibelwerk
Bibelpastorale Arbeitsstelle
Bederstr. 76 8002 Zürich
Tel.: 044 205 99 60 Fax: 086 044 205 99 60
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Newsletter 34 / Januar 2009
Liebe Leserin, lieber Leser,
zweimal fällt der Name Emmaus in diesem Newsletter und schafft überraschende
Zusammenhänge: Emaus (sic) und Paulus. Emmaus und Sokrates. Wir wünschen
Ihnen für das neue Jahr, dass Sie immer wieder neue Zusammenhänge entdecken
und sich daran erfreuen können.
Herzliche Grüsse vom Team der BPA
Dieter Bauer, Walter Klaus, Peter Zürn
Zitat der Woche
Die Zitate der Woche 2009 beziehen sich jeweils auf die Bibeltexte, die nach
der Leseordnung der Röm.-Kath. Kirche am ersten Tag dieser Woche (d.h. am
vergangenen Sonntag!) Lesungstexte in den Gottesdiensten sind und auf die
sich unsere Auslegungen in der Schweizer Kirchenzeitung SKZ beziehen:
http://www.bibelwerk.ch/index.php?
<http://www.bibelwerk.ch/index.php?&na=1,3,0,0,d,68682,0,0>
&na=1,3,0,0,d,68682,0,0
Zur Lesung am 11.1.2009: Jes 42,1-7; Mk 1,7-11
SKZ-Auslegung von Peter Zürn, Mild tätig sein
Es steht geschrieben;
es lässt sich sagen;
es zeigt sich"
Elazar Benyoetz, Finden macht das Suchen leichter, Hanser Verlag 2004, S.
89.
Aktuelle Publikation - Biblische Schreibtischunterlage
Zum Beginn des neues Kirchenjahres (ab 1. Adventsonntag) hat das Katholische
Bibelwerk Linz eine Schreibunterlage herausgegeben (15 Blätter mit jeweils 4
Wochen), die als praktische Arbeitshilfe für ehren- und hauptamtliche
MitarbeiterInnen zur Gottesdienstvorbereitung (z. B. Liturgiekreis,
LektorInnen, WortgottesdienstleiterInnen, ...) oder als Lesehilfe für
Bibelinteressierte zur täglichen Schriftlesung dienen kann. Auf dieser
Schreibtischunterlage finden sich für jeden einzelnen Tag die liturgische
Leseordnung samt einem Impulsgedanken aus einer der Schriftlesungen. Die
Sonntagsevangelien sind jeweils vollständig abgedruckt. Ein ideales Geschenk
für MitarbeiterInnen in der Gemeinde!
Anschauen?
www.dioezese-linz.at/redsys/data/bibelwerk/Kalender.pdf
Katholisches Bibelwerk Linz (Hg.), Biblische Schreibtischunterlage, Bad Hall
2008, 15 Seiten, 47,5 x 33 cm in Versandkarton, CHF 11.00 (zzgl. Porto und
Versand CHF 7.00)
Bestellungen an: Bibelpastorale Arbeitsstelle SKB, Bederstrasse 76, 8002
Zürich, Tel 044 205 99 60, Fax 086044 205 99 60, mail info
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Aktuelle Veranstaltungen
Paulus Völkerapostel und Aussenseiter
Vortrag von Professor Klaus Berger
Freitag, 30. Januar 2009, 20.15 Uhr im Saal des Roten Turms in Baden AG.
Eine Veranstaltung der Emausbruderschaft und der Katholischen Kirchgemeinde
Baden, Eintritt frei: Mehr:
http://www.bibelwerk.ch/index.php?
<http://www.bibelwerk.ch/index.php?&na=2,1,0,0,d,109714,0,0>
&na=2,1,0,0,d,109714,0,0
"Gott weiblich - eine verborgene Seite des biblischen Gottes"
Vortrag von René Schurte (Vorstand des Schweizerischen Katholischen.
Bibelwerks)
Mittwoch, 4. März 2009, 20 Uhr
Reformiertes Kirchgemeindehaus, Lindenstrasse 11, 5432 Neuenhof AG
Mehr:
http://www.bibelwerk.ch/index.php?
<http://www.bibelwerk.ch/index.php?&na=2,1,0,0,d,109714,0,0>
&na=2,1,0,0,d,109714,0,0
Buch des Monats
Andrea Günter, Geist schwebt über Wasser. Postmoderne und
Schöpfungstheologie, Passagen Verlag Wien 2008, 110 Seiten, ISBN
978-385165-813-2, CHF 27,50
Suchen Sie am Anfang des neuen Jahres eine geistige Herausforderung? Ich
erzähle Ihnen von der Herausforderung, der ich begegnet bin, dem Buch Geist
schwebt über Wasser. Postmoderne und Schöpfungstheologie. Es stammt von
Andrea Günter, die in Freiburg im Breisgau Philosophie und Theologie lehrt.
Das schmale Bändchen umfasst lediglich 110 Seiten, die es allerdings in sich
haben.
Das postmoderne Denken ist nach Andrea Günter von drei Leitbildern geprägt:
Pluralität, Differenz und Vorrang von Beweglichem. Sie bezieht sich dabei
vor allem auf Jaques Derrida als dem wichtigsten Philosophen der
Postmoderne. Für Andrea Günter entstammen diese drei Leitbilder aus der
jüdischen und christlichen theologischen Tradition. Sie macht den
Zusammenhang zwischen postmodernem und jüdisch-christlichem Denken an drei
Texten deutlich:
- an der Schöpfungserzählung von Genesis 1
- an den Ich-bin-Worten im Johannesevangelium
- an der Kosmologie von Hildegard von Bingen
Die Auseinandersetzung mit diesen drei Texten bildet die drei Kapitel des
Buches, die von einer kurzen Einleitung (S. 11-16) und einem knappen
Ausblick (99-100) gerahmt werden. Der Rahmen schliesst das Buch nicht ab,
sondern lenkt den Blick weiter.
Das erste Kapitel zur Schöpfungserzählung ist geprägt von einer genauen
Text-Lektüre. Sie nimmt zum Beispiel in Gen 1,26-27 das auffällige Spiel
mit Singular und Plural wahr, von dem das Gottes- und Menschenbild geprägt
ist. Pluralität, Einzigartigkeit und wechselseitige Bezogenheit als
wesentliche Merkmale des biblischen Gottes-, Menschen- und Weltbildes werden
erkennbar. In der Verhältnisbestimmung von Pluralität und Einzigartigkeit
sieht Günter ein zentrales Leitmotiv des gesamten Buches Genesis und der
Postmoderne. Es geht nicht darum in den vielfältigen Erscheinungen eine
dahinterstehende letzte Einheit zu finden, sondern in der Pluralität
Einzigartigkeiten zu erkennen.
Darüber hinaus zeigt die Textlektüre, dass die Tätigkeiten Gottes im
Schöpfungshandeln darin bestehen, zu unterscheiden. Gott scheidet eben nicht
das Licht von der Finsternis, sondern unterscheidet zwischen Licht und
Finsternis. Die Finsternis wird dadurch nicht negativ bewertet, das Licht
ist kein Fortschritt gegenüber der Finsternis. Gut in den Augen Gottes ist
die Differenzierung zwischen ihnen. In diesem differenzierten Raum
entwickelt sich das Leben. Schöpfung ist Unterscheiden und in Beziehung
setzen. Gott differenziert die Schöpfung immer weiter aus, sie wird
pluraler, bevölkert von immer mehr Einzigartigem, das unterschieden
voneinander zugleich miteinander in Beziehung steht.
Auch hier berührt sich die biblische Weltsicht eng mit der postmodernen. Der
zentrale Begriff in der Philosophie Jaques Derridas ist différance. Eine
différance ist eine Unterscheidung, die etwas markiert, festhält und von
dort aus zu neuer Verbindung führt. Die différance Derridas entspricht dem
Gewölbe des Himmels, das entsteht, wenn die Wasser oberhalb und unterhalb
unterschieden werden. Die différance entspricht dem festen Land, das
entsteht, wenn die unteren Wasser gesammelt werden. Die différance, das
Feste, das Geformte ist ein Zwischenraum zwischen Flüssigem, Beweglichem,
Veränderlichem. In ihm ist vielfältiges, plurales und einzigartiges Leben
möglich. Die Unterscheidung dient der Hervorbringung solchen Lebens.
Andrea Günter bringt biblische Theologie mit moderner Philosophie ins
Gespräch. Neben Jacques Derrida spielen Hannah Arendt und (im zweiten
Kapitel) Hegel eine wesentliche Rolle. Diese Gespräche finden auf engem Raum
statt, sie nehmen jeweils nur wenige Seiten ein. Das führt oftmals zu sehr
verdichteten Passagen, die sich mitunter (wenn überhaupt) erst bei
mehrmaligem Lesen erschliessen. Die Autorin macht es den Lesenden nicht
einfach. Ihr Buch stellt eine echte intellektuelle Herausforderung dar. Im
zweiten Kapitel über die Ich-bin-Worte im Johannesevangelium wird das noch
verstärkt durch zum Teil sprachschöpferische Spiele mit den Ausdrücken Ich
und bin (das Bin). Eine besondere Qualität erhalten ihre Ausführungen
aber auch hier durch eine Form der genauen Textlektüre. Sie liest die
Ich-bin-Worte nämlich von den Erzählungen her, die ihnen vorausgehen bzw.
in deren Kontext sie stehen. Das Wort Ich bin das Licht das Welt (Joh
8,12) wird so z.B. von der Auseinandersetzung um die Ehebrecherin her
beleuchtet. Fast wie nebenbei erreicht sie am Ende des Kapitels noch die
Jünger auf dem Weg nach Emmaus und liest die Erzählung gegen die Philosophie
des Sokrates. Im letzten Kapitel bringt Günter die Kosmologie Hildegards von
Bingen ins Gespräch mit Jacques Derridas. Sie erkennt in Hildegard eine
mittlere Position zwischen Scholastik und Mystik, eine Vermittlung zwischen
rationaler und sinnlicher Erkenntnis, die zugleich auch mitten in die Welt
hinein führt. Die Mitte wird zu dem festen Ort, von dem aus Bindungen so zu
erneuern sind, dass die Beweglichkeit bewahrt und wenn möglich vergrössert
wird.
Andrea Günters Buch ist eine Herausforderung. Ihre Art die altbekannten
biblischen Texte neu zu lesen, sind für mich ein grosser Gewinn. Ihre
Brückenschläge zwischen Bibel und Philosophie sind in vielem allerdings auch
eine Überforderung für mich, der in den philosophischen Diskursen nicht
besonders bewandert ist. Auch wenn ich wie ich zugeben muss, einiges in
diesem Buch nicht verstanden habe, so macht es mir doch grosse Lust, an den
aufgeworfenen Fragen und Positionen dran zu bleiben und weiter zu denken.
Dieses Denken ins grundlegend Offene hinein ist ja selbst ein
Charakteristikum der Postmoderne.
Peter Zürn