Schweizerisches Katholisches Bibelwerk
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Newsletter 24 / März 2008
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Zitat der Woche und das Buch des Monats kreisen um den Karfreitag, um die
Auseinandersetzung mit dem Tod Jesu. Wir wünschen Ihnen, dass Sie an den Kar- und
Ostertagen Gelegenheit finden, sich so damit auseinander zu setzen, wie es Helmut Fischer
für legitim und angemessen hält: „Im Einklang mit jener unbedingten Liebe Gottes …, die
uns in Jesus als menschliche Lebenswirklichkeit begegnet, und die uns – sofern wir uns ihr
öffnen – den Horizont für ein neues Menschsein und Leben aufschliesst“.
Herzliche Grüsse vom Team der BPA
Dieter Bauer, Peter Zürn
Zitat der Woche
"Als Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft (CJA) im Aargau empfinden wir die
"neue-alte" Karfreitagsbitte vom 4. Februar 2008 als Rückschritt und als
Hindernis für die Fortsetzung des christlich-jüdischen Gesprächs. Dialog ist nur möglich
unter gleichberechtigten Partnern. Die neue Formulierung der Karfreitagsbitte verneint
diese Gleichberechtigung."
Der Vorstand der CJA Aargau anlässlich der Mitgliederversammlung vom 16.3.2008 in Baden
Der Text im Wortlaut:
http://www.bibelwerk.ch/index.php?%20
<http://www.bibelwerk.ch/index.php?%20&na=2,3,0,0,d,92349,0,0>
&na=2,3,0,0,d,92349,0,0
Aktuelle Publikationen
Jesus – Quellen, Gerüchte, Fakten
Eine 16seitige Leseprobe mit kompetenten Artikeln aus der Zeitschrift „Welt und Umwelt der
Bibel“ ist zur Zeit bei der BPA kostenlos erhältlich und kann in beliebiger Stückzahl
angefordert werden (so lange Vorrat reicht). info(a)bibelwerk.ch
Sie können sich die Leseprobe auch anschauen:
http://www.bibelwerk.ch/index.php?na=4,0,0,0,d,92438
Aktuelle Veranstaltungen
4 Ausstellungen an 4 Standorten
Die Zentralbibliothek Zürich zeigt bis 12. Juli die Ausstellung „Heilige Bücher und
mächtige Zeichen – Schrift in Szene gesetzt“. Thema ist die Gestaltung und Inszenierung
der Schrift in religiösen und politischen Funktionen. Die Zürcher Schau gehört mit drei
anderen Ausstellungen zum Projekt „Schrifträume“: „Geheimnisse und Pergament“ ist noch bis
9. November in der Stiftsbibliothek St. Gallen zu sehen, „Medien des Heils“ ab 15. Juni
im Museum Burg in Zug und „Schrift in Bewegung“ ab 24. September im Strauhof Zürich“.
Mehr unter:
http://www.175jahre.uzh.ch/ausstellungen/schriftraeume/programm.html
Buch des Monats Februar
Helmut Fischer, Musste Jesus für uns sterben? Deutungen des Todes Jesu, (Theologischer
Verlag Zürich) Zürich 2008, 80 S., br., 9,80 € [D] / 10,10 € [A] / 14,80 sFr. ISBN
978-3-290-17469-9
„Jesus musste sterben.“ Warum? „Er starb für uns.“ Inwiefern? „Er gab sich hin als
Lösegeld.“ Lösegeld an wen? „Er starb wegen unserer Sünden.“ Wie soll das gehen? „Gott gab
seinen eigenen Sohn als Opfer.“ Was ist das für ein Gott?
Man könnte unendlich weitermachen mit traditionellen Glaubenssätzen und den dazugehörigen
Fragen, die sich Menschen nicht erst seit heute stellen.
F. versteht es in seinem kleinen Bändchen geschickt, all diese Fragen aufzunehmen. Auf
Schritt und tritt merkt man seine reiche Erfahrung in der Erwachsenenbildung. Er weiss:
„Wer sich diesen Fragen aussetzt, der wird für sich keine schnellen Antworten finden und
der wird auch von anderen keine schnellen Antworten erwarten. Viele Antworten, die wir
suchen, sind als fertige Ergebnisse überhaupt nicht zu haben. Sie erschliessen sich dem
Suchenden nur auf einem Erkenntnisweg, den er – auch mit einem zuverlässigen Wegführer –
letztlich doch selber gehen muss.“ (S. 7f)
Einen solchen „zuverlässigen Wegführer“ hat F. hier vorgelegt. In beeindruckender Kürze
und Prägnanz fragt er zunächst nach den Umständen, die historisch gesehen zu Jesu Tod
geführt haben. Er zeigt dann auf, dass diese historischen Ursachen zu unterscheiden sind
von den Deutungen, welche seine Nachfolgerinnen und Nachfolger diesem Geschehen gegeben
haben. In einem grossen Abriss der im Neuen Testament vorfindlichen Deutungen macht F. vor
allem klar, dass es von Anfang an einen reichen Pluralismus des Verstehens gab. Und dass
das Verstehenwollen jeder Deutung von den heutigen Menschen voraussetzt, die jeweiligen
Zeitumstände ernst zu nehmen, unter denen sie entstanden ist. Man merkt, dass schon
innerhalb des Neuen Testaments konkurrierende Modelle vorlagen, die jeweils nur einen
speziellen Aspekt des Geschehens um Jesu Sterben besonders zu erfassen vermochten. Und je
nach „Zielgruppe“ der Verkündigung musste auch eine neue Sprache gefunden werden, etwa
wenn Paulus in seiner Verkündigung die Sprache der Mysterienreligionen aufgreift oder der
Verfasser des Johannesevangeliums gnostisierende Kreise vor sich hat.
All diese Deutungsmodelle beschreibt F. in einer sehr anschaulichen Sprache und ist sich
dabei stets bewusst, wie schwer nachvollziehbar sie für heutige Menschen sein müssen, etwa
das Modell vom Sühnopfer oder von der Lösegeldzahlung.
Er kommt dann auch auf das über 1000 Jahre bestimmende Modell Anselms von Canterbury zu
sprechen, der mit seiner Satisfaktionslehre (Wiedergutmachung einer unendlichen Schuld
durch das grösste denkbare Opfer) ein für die westliche germanische Welt plausibles
Erklärungsmodell fand, das dann aber mit der Zeit leider nicht mehr als „Modell“ gesehen
wurde, sondern den Anspruch erhob, Faktenwissen zu sein.
Nach dem bisher Dargestellten wird den Leserinnen und Lesern plausibel, dass unsere
Voraussetzungen für Denken und Verstehen stets in einem Wandel begriffen sind, und deshalb
kein Erklärungsmodell des Todes Jesu einen Absolutheitsanspruch erheben kann. Nimmt man
ernst, dass alle historischen Erklärungsmodelle insofern „vorläufig“ und in ihrer
Aussagemöglichkeit begrenzt sind, gibt es keinen vernünftigen Grund mehr, bestimmte
frühere als „falsch“ abzulehnen. Aber es gibt für die Leserinnen und Leser sehr wohl gute
Gründe dafür, sich heute an dem zu orientieren, was wirklich dem Leben dient. F. plädiert
z. B. sehr stark für ein johanneisches Modell, das kein Sühnopfer braucht, weil es
letztlich um die Kraft der Liebe geht. Jesus hat uns demnach einen Weg des Lebens gezeigt.
Und er kam nicht um zu sterben, sondern damit wir „das Leben haben“.
Jedes Deutungsmodell des Todes Jesu ist aber nach Auffassung des Verfassers nicht allein
dadurch legitimiert, dass es in der Bibel vorkommt, sondern dass es „im Einklang mit jener
unbedingten Liebe Gottes steht, die uns in Jesus als menschliche Lebenswirklichkeit
begegnet und die uns – sofern wir uns ihr öffnen – den Horizont für ein neues Menschsein
und Leben aufschliesst.“ (S. 78)
Dem kleinen Büchlein ist gerade wegen seiner Allgemeinverständlichkeit und Weisheit eine
grosse Verbreitung zu wünschen.
Dieter Bauer