Bibelpastorale Arbeitsstelle
Schweizerisches Katholisches Bibelwerk
Bederstr. 76
8002 Zürich
Tel. 044 205 99 60
Mail: info(a)bibelwerk.ch
www.bibelwerk.ch
Newsletter 13 / April 2007
Liebe Leserin, lieber Leser ,
gerade ist ein neues Buch über Jesus von Nazaret erschienen und findet viel
Aufmerksamkeit in den Medien. Gut so. Es gibt aber noch andere aktuelle
Jesusbücher, die Aufmerksamkeit verdienen. Wir empfehlen Ihnen eines ganz
besonders.
Ihr BPA-Team: Dieter Bauer, Bettina Schulze, Peter Zürn
Aktuelle Veranstaltung
Gang über die Psalmbrücke - Psalmen in Bibel und Liturgie
Wochenendkurs der Bibelpastoralen Arbeitsstelle und des Liturgischen
Instituts
Die Psalmen der Bibel bieten eine Sprache an, in der ich mein Leben in allem
Dunklen und Hellen vor Gott bringen kann. Das geht vom Fluchen und Klagen
bis hin zu Jubel und Tanz. Im Gottesdienst können wir unser Leben zusammen
mit anderen zur Sprache bringen. In der Liturgie spielen Psalmen deshalb
eine wichtige Rolle. Im Gespräch zwischen Bibel und Liturgie wollen wir
diesen Schatz mit unterschiedlichen Zugangsweisen neu entdecken.
Termin: Freitag, 28. September, bis Sonntag, 30. September 2007
Ort: Haus Bruchmatt, Luzern
Kursleitung: Dieter Bauer, Bibelpastorale Arbeitsstelle, Dr. Gunda Brüske,
Liturgisches Institut
Veranstalterin: Bibelpastorale Arbeitsstelle SKB, Zürich - Liturgisches
Institut, Freiburg
Anmeldungen bis spätestens 30. Juni an die Bibelpastorale Arbeitsstelle,
Bederstr. 76, 8002 Zürich
Tel 044 205 99 60, Mail: info(a)bibelwerk.ch
Buch des Monats
Peter Wittwer, Bist du es? Fragen an Jesus von Nazareth. Mit einem Vorwort
von Ingrid Grave, (Paulusverlag Academic Press) Fribourg 2007, 132 S., Geb.,
28,00 sFr / 17,50 Eur[D]
ISBN : 978-3-7228-0705-8
Peter Wittwer hat in seinem letzten Pfarrerjahr in der Zürcher
Predigerkirche eine Predigtreihe zu der doch so wichtigen Frage: Wer ist
Jesus? gehalten. Vom 1. Advent bis zum Ewigkeitssonntag hat er in 41
Zugängen eine Summe seines eigenen Nachdenkens, Betens und Meditierens über
Jesus von Nazaret und seine Bedeutung für den christlichen Glauben
vorgelegt.
In einer Zeit, in der es wieder hoffähig geworden ist, sich um die Frage
nach dem Menschen Jesus von Nazaret herumzudrücken und alle diejenigen
einer horizontalen Theologie verdächtigt werden, die das Geheimnis des
Gottessohnes offen halten wollen, ist Peter Wittwer ein höchst
bemerkenswertes und Mut machendes Buch gelungen:
Er (Jesus) ist der Christus, er ist der Gottessohn, der Erlöser, der
Heiland das sind alles Worthülsen, aber keine Antworten auf unsere Frage.
(11) Antworten sucht Wittwer bei seinem Rabbi, seinem Bruder, dem
Propheten Jesus, der die Zeichen der Zeit zu deuten wusste (9). Wer nun
aber meint, herauskäme dabei eine flache Theologie, sieht sich eines
besseren belehrt. Nicht weil er über das göttliche Geheimnis nicht reden
will, beantwortet er die Fragen nach dem Christus und Gottessohn nicht in
der traditionellen Art und Weise, sondern weil die Beantwortung solcher
Fragen unsere menschlichen Möglichkeiten schlicht übersteigt, ja Hybris
wäre. In einer brillanten Auslegung der Sprachlosigkeit des Zacharias (Lk
1,5-25) kann er zeigen, dass es Fragen gibt, die angesichts des Geheimnisses
Gottes besser zu lassen sind: Lass das Geheimnis ein Geheimnis sein. (
)
Begnüge dich damit, den Menschen Jesus aus Nazareth zu erkennen. Mehr kannst
du nicht, mehr darfst du nicht. Rührst du am Göttlichen, so wird dir deine
Sprachlosigkeit zur Antwort werden. (14) Und die Konsequenz daraus: Wir
haben auf die Füsse des Jesus zu schauen, wohin er gegangen ist und wo er
verweilt hat. Wir haben auf seine Hände zu sehen, wen er berührt und
aufgerichtet, wen er geheilt hat. Wir haben auf seinen Mund zu schauen,
seine Worte zu hören, seinen Atem zu spüren. (15)
Diesen Weg in den Fussspuren Jesu geht Wittwer mit seinen PredigthörerInnen.
In diesem Durchgang durch die Texte des Neuen Testaments entfaltet er in
immer neuen Variationen den Vers aus dem Lukasevangelium, der ihm selbst zum
Schlüssel geworden ist: Das Reich Gottes ist mitten unter euch (Lk 17,21).
Wenn man diese Aussage wirklich ernst nimmt, entstehen sehr viele Fragen.
Wittwer weicht diesen Fragen nicht aus: Warum richtet die christliche
Kirche ihr Augenmerk immer nur auf das Ende (Jesu), fast nie auf den
Anfang? (26). Den Schlüssel zu Jesus finde ich nicht am Karfreitag, ich
finde ihn an Epiphanie. (
) In Jesus aus Nazareth ist Gott sichtbar
geworden. Wir können einem Menschen ins Gesicht sehen und Gott schauen. (
)
Die Predigt des Jesus verlangt meine Umkehr. Sie macht Gottes Erscheinung
von mir abhängig. Meine Art zu leben entscheidet über die Epiphanie Gottes
in dieser Welt. Ein verrückter Gedanke wenn ich ihn in seiner Tragweite zu
ermessen vermag. (28)
Seite für Seite lernen wir in diesem Buch die Theologie Peter Wittwers und
seinen Zugang zu Jesus von Nazareth kennen. Er räumt auf mit schrägen
Gottesbildern wie dem vom lieben Gott (33 u. ö.), mit einem den Kindern
übers Haar streichelnden und die Alten und Schwachen vertröstenden
Heilandes (28), mit der Vorstellung, Jesus sei gekommen um zu sterben:
Jesus will nicht sterben, wie kein Mensch sterben will. Aber er will
gehorsam sein. Gehorsam gegenüber jenem Lebensauftrag, der ihm bei der Taufe
durch Johannes so plötzlich und unvermittelt klar geworden ist. (48) Daraus
folgt: Das Kreuz auf Golgatha hat nur dann einen Sinn, wenn es als Teil des
Lebens des Jesus aus Nazareth gesehen wird. (49) Es scheinen nur Nuancen zu
sein, die Wittwers Reden von der Sprache traditioneller Theologie
unterscheiden, und doch sind diese Nuancen unendlich wichtig: Mit Recht (
)
haben in ihm (Jesus) die jungen Christengemeinden ihren Messias, ihren
Christus gefunden. Nicht wegen dem Kreuz, sondern mit dem Kreuz. (50)
Oft sehr ungeschminkt beschreibt Peter Wittwer seine Leseerfahrungen, die
wahrscheinlich auch diejenigen der meisten unvoreingenommenen LeserInnen
sind soweit sie nicht theologisch verbildet sind. Die johanneische
Passionsgeschichte, gelesen am Karfreitag, erscheint ihm als Drehbuch für
einen rassistischen Film. Die menschenverachtenden Juden als
Hauptdarsteller: die Gottesmörder. In der Nebenrolle dieser harmlose Pilatus
(53). Mel Gibson hat in seinem Film The Passion of the Christ erst
unlängst bewiesen, dass man das Johannesevangelium tatsächlich so lesen
kann, mit den bekannten und verheerenden Folgen. Die Konsequenz daraus
müsste nun aber doch sein, dass die Kirche diese Leseerfahrungen ernst nimmt
und in der nötigen Schärfe korrigiert. Dazu verhilft der unverstellte Blick
des Bibellesers Peter Wittwer, der es offensichtlich zu vermeiden wusste, in
die weit verbreitete theologische Betriebsblindheit zu verfallen, die die
Aussenwelt und ihre Fragen gar nicht mehr wahrnimmt.
Ich selbst habe dieses Buch mit grossem Gewinn gelesen und vor allem immer
wieder Formulierungen gefunden, die (eigentlich komplizierte) theologische
Sachverhalte gut auf den Punkt bringen ohne zu simplifizieren oder gar zu
banalisieren. Wie jedes gute theologische Buch ist auch Wittwers Buch
anspruchsvoll. Nur besteht sein Anspruch nicht darin, komplizierte
theologische Gedankengänge noch komplizierter zu machen und die dahinter
stehende Sache zu vernebeln, sondern uns als LeserInnen mitzunehmen auf
diesen Weg mit Jesus von Nazareth: Lebe so, dass die Menschen an deiner
Seite es an deinem Gesicht ablesen können: Du glaubst daran, dass Gottes
Reich unwiderrufbar angebrochen ist. (31) Wenn das nicht anspruchsvoll ist!
Dieter Bauer
Zitat der Woche
"herr
breite deine arme aus
und bewahre uns
vor dem heer deiner beschützer
stehe den wanderen bei
die die gabe des hörens nicht verloren haben
und horche in ihre einsamkeit
stehe auch denen bei
die bleiben und auf dich warten"
SAID, Psalmen, C.H.Beck Verlag München 2007, S. 16