Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
Die letzten Tage waren ziemlich frühlingshaft - zumindest im
schweizerischen Mittelland - und die Aussicht auf ein baldiges «Back to
Normal» verstärkt das Gefühl von Neuanfang und Aufbruch.
Um einen Neuanfang geht es auch bei unserem Film des Monats Februar.
Allerdings empfindet die junge Protagonistin von «Ninjababy» das Leben,
das in ihrem Bauch heranwächst, eher als Bedrohung, denn als Beginn von
etwas Neuem. Ein Kind passt im Moment so gar nicht in ihr Lebenskonzept.
Als kreative Frau sucht sie einen ganz eigenen Weg, mit sich, dem Kind
und den gesellschaftlichen Erwartungen ins Reine zu kommen.
«Ninjababy» ist ein humorvoller und zugleich sensibler Film zum Thema
Mutterschaft und Familie, der Idealvorstellungen und Genderrollen
hinterfragt ohne dabei moralisch zu werten.
Mit herzlichen Grüssen
Eva Meienberg und Natalie Fritz
FILM DES MONATS FEBRUAR
Februar 2022
NINJABABY
DIE 23-JÄHRIGE RAKEL MALT SICH IHRE ZUKUNFT AUS: ASTRONAUTIN ODER
BIERVERKOSTERIN WÄREN TOLL – NUR JA NICHT MUTTER! DOCH NUN IST SIE IM
SECHSTEN MONAT... IN IHRER VERZWEIFLUNG ZEICHNET SIE IHR «NINJABABY» UND
REIFT WÄHREND DER SCHWANGERSCHAFT ZUR VERANTWORTUNGSVOLLEN FRAU
Astronautin, Bierverkosterin, Comiczeichnerin - einige Lebensentwürfe,
die Rakel tagträumt. Mutter werden steht nicht auf ihrer Liste. Es ist
ein Schock, als die 23-jährige Grafikdesign-Aussteigerin entdeckt, dass
sie schwanger ist. «Das ist Norwegen. Ich kann abtreiben», sagt sie und
fährt in die Klinik. Dort wird ihr jedoch eröffnet, dass sie schon im
sechsten Monat ist und nicht jede schwangere Frau einen Bauch bekommt.
Rakel, verzweifelt-zornig über ihr Schicksal, zeichnet ihr ungeborenes
Baby auf ein Blatt Papier, stattet es mit einer Zorro-Maske aus und gibt
ihm den Spitznamen Ninjababy. Dieses scheint während der turbulenten
Schwangerschaft der Kritzelei zu entsteigen und zwingt die
unentschlossene Rakel dazu, zum ersten Mal in ihrem Leben Entscheidungen
zu treffen.
Das Baby möchte sie nicht behalten, aber wem soll sie es geben? Ihrer
älteren Halbschwester Mie, die sich sehnlichst ein Kind wünscht? Oder
Adoptiveltern, bei denen sich Rakel nicht sicher sein kann, dass
darunter keine «pädophilen Nazis sind»?
Die Komödie der norwegischen Regisseurin Yngvild Sve Flikke erzählt von
einem urkomisch-ehrlichen Reifeprozess. Der bissige Humor und der offene
Ton lassen die Figuren sehr authentisch erscheinen. Dazu passen die
spritzigen Animationen von Inga Sætre, auf deren Graphic Novel
«Fallteknikk» der Film basiert. Flikke bürstet die Geschichte über das
Kinderkriegen konsequent gegen den Strich und kratzt damit am
überstilisierten Mutterbild.
Sarah Stutte, Filmjournalistin
«Ninjababy», Norwegen 2021, Regie: Yngvild Sve Flikke, Besetzung:
Kristine Kujath Thorp, Nader Khademi, Arthur Berning, Verleih: Xenix,
www.xenixfilm.ch [1]
Kinostart: 3. Februar 2022
https://vimeo.com/575831180https://www.medientipp.ch/events/ninjababy/
Links:
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[1] http://www.xenixfilm.ch
Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
Wir wünschen Ihnen von Herzen einen guten Start ins neue Jahr. Wir
hoffen ganz fest, dass sich im 2022 die pandemische Situation nach und
nach beruhigt und ein Miteinander - wie wir es uns von früher gewohnt
waren - wieder möglich wird.
Austausch, Kommunikation und die Kraft der Sprache stehen auch in
unserem Film des Monats Januar im Zentrum. «Drive My Car» macht auf eine
sehr poetische Weise deutlich, welch heilsame Wirkung Sprache und Kunst
haben, wie sie zu Vergebung, Resilienz und neuen Perspektiven anregen
können. Ein hoffnungsvoller Film für einen hoffnungsvollen Start in
eine neues Jahr.
Mit den besten Wünschen für 2022
Eva Meienberg und Natalie Fritz
FILM DES MONATS JANUAR
Januar 2022
DRIVE MY CAR
EIN THEATERREGISSEUR VERSUCHT DEN VERLUST SEINER FRAU MIT EINER NEUEN
BERUFLICHEN HERAUSFORDERUNG ZU BEWÄLTIGEN. WÄHREND DER ARBEIT AN «ONKEL
WANJA» LEHRT UND LERNT ER, WIE KUNST UND SPRACHE BARRIEREN ÜBERWINDEN
KÖNNEN UND DADURCH VERGEBUNG UND AKZEPTANZ MÖGLICH WIRD
Der Theaterregisseur Yûsuke verliert seine Frau inmitten einer
Beziehungskrise. Er hofft, den Schicksalsschlag mit einer neuen
beruflichen Herausforderung überwinden zu können. Yûsuke, der sich auf
experimentelle Inszenierungen mit Schauspielern aus verschiedenen
Sprachräumen spezialisiert hat, nimmt das Angebot an, in Hiroshima mit
einer neuen Gruppe Tschechows «Onkel Wanja» einzustudieren.
Yûsuke geht es beim Theater um die kleinen Momente, in denen zwischen
den Schauspielenden und dem Publikum «etwas passiert». Diese Methode
erklärt er nach einer Szene zwischen einer Chinesisch und einer in
koreanischer Zeichensprache sprechenden Darstellerin.
Der Film zeigt sehr zurückhaltende und beherrschte Menschen, die sich
nur langsam öffnen. Die Momente, in denen die Emotionen durchbrechen,
sind umso überwältigender. Die sich allmählich entwickelnde Nähe
zwischen Yûsuke und seiner Fahrerin Misaki, kann symbolisch für das
Aufbrechen der Sprachlosigkeit in den gezeigten Beziehungen gedeutet
werden.
«Drive My Car» zeichnet sich aus durch das poetische Nachdenken über die
heilende Kraft von Kunst und Worten, die Vergebung und Akzeptanz
ermöglichen. Der Film inszeniert mit eindrücklichen Bildern die
Botschaft, dass Sprache und künstlerisches Schaffen bestehende
Kommunikationsbarrieren - wie Konventionen, soziale Klasse, Nationalität
oder Behinderung - überwinden können.
«Drive My Car» gewann in Cannes den Preis für das Beste Drehbuch und den
Preis der Ökumenischen Jury [1].
Ingrid Glatz, Co. Präsidentin Interfilm Schweiz
«Drive My Car» (Doraibu mai kâ), Japan 2021; Regie: von Ryûsuke
Hamaguchi; ProtagonistInnen: Hidetoshi Nishijima, Toko Miura, Reika
Kirishima; Verleih: Sister Distribution; Webseite:
https://sister-distribution.ch/; Filmwebseite:
https://sister-distribution.ch/drive_my_car/
Ab 6. Januar 2022 im Kino
https://www.youtube.com/watch?v=P-7w9_0lufI&feature=emb_imp_woythttps://www.medientipp.ch/events/drive-my-car/
Links:
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[1]
https://www.inter-film.org/festivals/festival-de-cannes/74th-festival-de-ca…