Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
Der November ist stes ein Monat der Einkehr, des stillen Gedenkens und
vielleicht auch der Reflexion darüber, was ein gutes Leben eigentlich
ausmacht. Unser Film des Monats feiert die kleinen Gesten
zwischenmenschlicher Achtsamkeit und schärft unseren Blick für das, was
wirklich relevant ist: tragfähige Beziehungen und Vertrauen.
Li Ruijuns «Return to Dust» ist aber kein kitschiger Liebesfilm über
zwei Aussenseiter, sondern kritisiert das chinesische
Wirtschaftshilfeprogramm auf einer metaphorischen Ebene scharf. Sogar in
China regiert der Kapitalismus und auch in Maos Heimat müssen
diejenigen, die dem System zu wenig nutzen, über die Klinge springen. Im
September wurde der Film trotz grossem Erfolg inner- und ausserhalb
Chinas von der chinesischen Zensurbehörde verboten. Ein Glück, dass wir
dieses kleine Kunstwerk in unseren Kinos schauen können!
Herzlich und herbstlich grüssend
Eva Meienberg und Natalie Fritz
FILM DES MONATS NOVEMBER
November 2022
RETURN TO DUST
DER SCHWEIGSAME BAUER MA UND DIE MISSHANDELTE GUIYING WERDEN
VERHEIRATET. BALD ENTWICKELN SIE EINE VORSICHTIGE ZUNEIGUNG ZUEINANDER.
DOCH DIE SCHÖNHEIT DER BEZIEHUNG STEHT IN SCHARFEM KONTRAST ZUR
LEBENSSITUATION IN EINER DER ÄRMSTEN PROVINZEN CHINAS...
Bauer Ma ist nicht mehr jung und schuftet - wie sein Esel - fleissig und
klaglos für seinen Bruder, bei dem er auch wohnt. Nun wird Ma dem Bruder
lästig und soll verheiratet werden. Die Auserwählte ist Guiying, eine
durch Misshandlung verkrüppelte Frau, die von ihrer Familie wie ein Tier
gehalten worden ist.
Bald entwickeln die beiden Aussenseiter Vertrauen und eine vorsichtige
Zuneigung zueinander. Gemeinsam bauen sie in Handarbeit Mais und Weizen
an und errichten ein bescheidenes Haus. Das alles passiert langsam und
in stiller Eintracht. Das isolierte Paar steht im Zentrum der
Aufmerksamkeit, die kleinen Gesten der Zuneigung haben Gewicht. Die
Schönheit der Beziehung kontrastiert die Lebensrealität.
Li Ruijun hat «Return to Dust» in seiner Heimat - der
nordwestchinesischen Provinz Gansu - gedreht. Gansu ist eine der ärmsten
Gegenden Chinas, die prekäre Situation der Protagonisten widerspiegelt
die Wirklichkeit. Ruijun betrachtet die Situation der Landbevölkerung
kritisch und zeigt, wie wenig nachhaltig die staatliche Hilfe ist.
Der Regisseur schreckt nicht davor zurück, die kapitalistischen
Auswüchse innerhalb des kommunistischen Systems, zu zeigen, allerdings
nur metaphorisch. Der reiche Dorfkönig braucht nämlich
Bluttransfusionen, nur Ma kann spenden. Der Staat als Vampir, der seine
Bürger*innen aussaugt... Die chinesische Zentralregierung war «not
amused» und hat den Film trotz grossem inter- und nationalem Erfolg
mittlerweile verboten. Ein guter Grund, den Film anzuschauen!
Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp
«Return to Dust» (Yin Ru Chen Yan), China 2022; Regie: Li Ruiju;
ProtagonistInnen: Wu Renlin, Hai-Qing, Guangrui Yang; Verleih: Trigon;
Homepage: www.trigon-film.org [1]; Filmseite:
https://www.trigon-film.org/de/movies/Return_to_Dust
Ab 10. November 2022 im Kino
https://vimeo.com/729612660?embedded=true&source=vimeo_logo&owner=6318399https://www.medientipp.ch/events/return-to-dust/
Links:
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[1] http://www.trigon-film.org