Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
Halloween und Allerheiligen waren eben noch in aller Munde und haben sich – wie jedes Jahr
– auch medial wunderbar verwerten lassen. Ein bisschen Erinnern, Friedhöfe und
Thanatologen und etwas gut dosiertes Gruseln waren allenthalben die dominierenden Themen.
Auch Tim Burton’s berührende Frankenstein-Adaption, «Frankenweenie» (US 2012), war im
Fernsehen zu sehen: Wo der kleine Victor Frankenstein seinen über alles geliebten Hund
wieder auferstehen lässt, versucht in unserem Film des Monats, «My Zoe», eine Genetikerin,
ihre Tochter am Leben zu halten – mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln.
Der Film wirft gekonnt ethische Fragen auf, die nicht leicht zu beantworten sind und
heute, mehr als 200 Jahre nach Veröffentlichung von Mary Wollstonecraft Shelleys Roman
«Frankenstein oder Der moderne Prometheus», beängstigend real und umsetzbar scheinen.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen guten Start in die dunklere Jahreszeit und viele
anregende Stunden im Kino
Eva Meienberg und Natalie Fritz
Film des Monats November
11/2019
My Zoe
In Julie Delpys Drama «My Zoe» kann eine Genetikerin den drohenden Tod ihrer kleinen
Tochter nicht akzeptieren und überschreitet aus Liebe die Grenzen der Ethik ...
Was geschieht mit der Mutterliebe, wenn ein Kind schwer erkrankt oder gar stirbt? Julie
Delpy spielt als Regisseurin und Hauptdarstellerin des Films «My Zoe» verschiedene Aspekte
dieses familiären Dramas durch und überzeugt dabei in mehrfacher Weise. Sie gibt Isabelle,
eine berufstätige Frau und Mutter, die geschieden lebt und das Sorgerecht mit ihrem Mann
James teilt. Krisen und Spannungen sind Teil des Alltags in dieser zerbrochenen Familie.
Und doch geht die Hauptfigur noch einen entscheidenden Schritt weiter. Nach einer
Hirnblutung von Zoe versucht Isabelle das Kind dem unerbittlichen Schicksal zu entreissen.
Dabei überschreitet sie im Spital die Grenze des ethisch Erlaubten.
Entstanden ist daraus ein kluger Film über die Möglichkeiten der Biomedizin und
Fortpflanzungstechnik. Als Regisseurin geht Delpy die Inszenierung kühl an. Sie erzählt
von der Logik einer Genetikerin, die bis zum Äussersten geht, um ihren Traum von der
idealen Mutter-Kind-Beziehung zu leben. Der Film erinnert nicht nur wegen Julie Delpy an
Kieslowskis «Drei-Farben-Trilogie». Vielmehr sind es dringende moralische und
existentielle Fragen, auf die «My Zoe» den Fokus setzt. Das Drama bewegt sich zwischen
anspruchsvollem Arthouse und realer Science-Fiction, die ganz und gar in unsere Lebenswelt
eingebettet ist. Das ethische Dilemma ist hautnah erlebbar, die existentielle
Betroffenheit ebenso. Der offene Schluss provoziert und gibt zu reden.
Charles Martig, Filmjournalist kath.ch
«My Zoe», Regie und Drehbuch: Julie Delpy, Besetzung: Julie Delpy, Richard Armitage,
Daniel Brühl, Gemma Artenton, Verleih: Warner Bros; Filmwebseite:
http://www.warnerbros.ch/modules/obomovie/detail.php?page_id=1
<http://www.warnerbros.ch/modules/obomovie/detail.php?page_id=1&lang=1&suisa=1012.873>
&lang=1&suisa=1012.873
Kinostart: 14. November 2019
https://www.youtube.com/watch?v=nIwjd1AEg-4
https://www.medientipp.ch/events/my-zoe/