Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
Der Sommer ist endgültig da und zwischen Glaceschlecken und den letzten Ferienvorbereitungen rücken die Dinge des Lebens in den Hintergrund, die uns bis vor Kurzem noch tagtäglich beschäftigt haben: Pandemie, Ukraine, Klima... und Afghanistan.
Als im Frühjahr 2021 der Abzug der NATO-Truppen in Afghanistan begann, intensivierten die Taliban ihre Angriffe und bauten ihre Gewaltherrschaft kontinuierlich aus. Was sich seit der Machtübernahme durch die Taliban im letzten August/September für die afghanische Bevölkerung alles geändert hat, davon haben wir hier nur wenig mitbekommen. Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Schlagzeilen dominiert.
«Flee», unser Film des Monats Juli, bringt nun auf hochemotionale Weise die leidvolle Geschichte des afghanischen Volkes in unser Gedächtnis zurück. Der Animationsfilm von Jonas Poher Rasmussen erzählt die Geschichte des Mitdreissigers Amin, der nach seiner Flucht aus Afghanistan in Dänemark eine neue Heimat gefunden hat.
Der mehrfach preisgekrönte Film basiert auf wahren Begebenheiten und ist keine animierte Geschichtslektion, sondern wirft einen sensiblen Blick auf die Traumata der Geflüchteten. Bei aller Tragik ist «Flee» durchaus ein hoffnungsvoller Film, zeigt er doch die unglaubliche Widerstandskraft der Menschen und – ganz ohne Pathos – die Macht von Liebe und Vertrauen.
Wir wünschen Ihnen einen wunderbaren Juli und grüssen herzlich
Eva Meienberg und Natalie Fritz
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Film des Monats Juli
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Juli 2022
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Flee
Amin ist als Junge aus Afghanistan geflüchtet und lebt heute zusammen mit seinem Partner in Dänemark. Die beiden möchten heiraten, aber Amin ist bewusst, dass er zuerst mit der Vergangenheit abschliessen muss, bevor er ein neues Lebenskapitel anfängt...
Im animierten Dokumentarfilm des dänisch-französischen Filmemachers Jonas Poher Rasmussen bricht der 36-jährige schwule Amin zum ersten Mal sein Schweigen. Er ist ein afghanischer Flüchtling, der jetzt mit seinem Freund in Dänemark lebt. Seine Kindheit in den 80er-Jahren verbrachte er in seiner kriegsgebeutelten Heimat, bis ihm schliesslich allein die Flucht nach Russland gelang. Hier wie dort machte er traumatische Erfahrungen.
Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Rasmussen führte dazu eine lange Reihe intimer Interviews mit dem im Film pseudonymisierten «Amin Nawabi», den er seit der Mittelschule kannte. Bis dahin hatte «Amin» nie über seine Vergangenheit gesprochen. Seine Erinnerungen sind lebendig und voller Details, die sich wunderbar auf die Leinwand übertragen lassen: das Drachensteigenlassen über den Dächern von Kabul, das sehnsuchtsvolle Betrachten von Postern mit Jean-Claude Van Damme; der stoische Mut seines Vaters gegen die Mudschaheddin.
Diese Szenen sind in schnörkellosen 2D-Animationen dargestellt, deren Klarheit einer eher abstrakten Darstellung weicht, wenn Amin sich an die Schrecken erinnert, die er und seine Familie in Afghanistan erlebten. «Flee» ist eine erschütternde Geschichte über Verlust, Schuldgefühle und das ständige Leben in Angst. Aber auch über Widerstandskraft und Befreiung, denn ohne die kunstvolle Form der Animation, die ihm Anonymität bietet, hätte sich der Protagonist vielleicht nie mit seinen Gespenstern konfrontiert.
Sarah Stutte, Filmjournalistin
«Flee», Dänemark und weitere 2021, Regie: Jonas Poher Rasmussen, Besetzung: Rashid Aitouganov, Verleih: Filmcoopi, www.filmcoopi.ch
Kinostart: 21. Juli 2022
https://www.youtube.com/watch?v=ceqK0h4gslk
https://www.medientipp.ch/events/flee/
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