Liebe Filmfreundinnen und liebe Filmfreunde

Vielleicht wird es ja doch noch etwas mit dem Film-Frühling... Die Zeichen stehen zumindest aktuell nicht schlecht. "Sin señas particulares" – unser Film des Monats März kann im Moment auf der Schweizer Streaming-Plattform "filmingo" von trigon-film angeschaut werden und kommt vielleicht im Frühjahr sogar noch auf die grosse Leinwand. Und das hätte der Film verdient.

"Sin señas particulares" zeigt nämlich anhand eines Einzelschicksals auf, was für viele MexikanerInnen und andere ZentralamerikanerInnen zum Alltag gehört. Nebst Perspektivlosigkeit, Gewalt und Angst schwingt immer die Hoffnung auf ein besseres Leben – vielleicht durch eine Flucht ins Nachbarland – mit. In Fernanda Valadez' eindringlichem Drama macht sich die Mutter eines Teenagerjungen auf die Suche nach ihrem Sohn, der Monate zuvor die gefährliche Reise in die Vereinigten Staaten angetreten hat und seither spurlos verschwunden ist.

Ein Film, der uns in seiner Dringlichkeit und Emotionalität einen Spiegel vorhält und uns so manch eigenes Problem relativieren lässt.

Herzlich,

Eva Meienberg und Natalie Fritz, Medientipp

Film des Monats März

3/2021

Sin señas particulares

Eine Mutter macht sich im gefährlichen Grenzgebiet zwischen Mexico und der USA auf die Suche nach ihrem verschollenen Sohn, der sich vor Monaten auf eine hoffnungsvolle Reise in die Vereinigten Staaten machte ...

Tagtäglich verschwinden in Mexikos Grenzland Menschen, die auf ein besseres Leben in den USA hoffen. So auch Magdalenas minderjähriger Sohn Jesús, der sich vor Monaten in Begleitung eines Freundes mit dem Bus Richtung Grenze aufmachte. Später wird die Leiche des Freundes gefunden – von Jésus selbst fehlt weiterhin jede Spur. Von den Behörden im Stich gelassen, beginnt Magdalena im trostlosen und gefährlichen Grenzgebiet auf eigene Faust nach ihm zu suchen. Dabei erfährt sie von anderen Schicksalen und geht den schmerzhaften Weg der Wahrheit bis zum bitteren Ende.

In ihrem Spielfilmdebüt – an dem fast ausschliesslich Frauen mitgearbeitet haben – thematisiert die Mexikanerin Fernanda Valadez mittels ungewöhnlicher Erzählweise die anhaltende Gewalt in einem Land, das seine eigenen Kinder frisst. Dadurch verwandelt es sich selbst in eine seelenlose Wüste. Viel brutaler und bedrohlicher als die direkt gezeigte Gewalt, ist das, was sie in Köpfen, Herzen und einst blühenden Landschaften hinterlässt.

Dafür schafft die Kamerafrau Claudia Becerril beeindruckende, mystische Bilder, die das ganze Ausmass der Verlorenheit zeigen: Hier lebt nichts mehr, an das man sich klammern könnte. Leise und kraftvoll erzählt, bleibt «Sin señas particulares» im ganzen Ausmass seiner Tragik nachhaltig im Gedächtnis haften. Die beklemmende Geschichte wurde völlig zu Recht am letztjährigen Zurich Film Festival mit dem Goldenen Auge für den besten Film im Spielfilmwettbewerb ausgezeichnet.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Sin señas particulares», Mexiko 2020, Regie: Fernanda Valadez, Besetzung: Mercedes Hernández, David Illescas, Juan Jesús Varela; Verleih: Trigon Film, Homepage: www.trigon-film.org

Zu Streamen auf www.filmingo.ch; https://www.filmingo.ch/de/films/709-

https://vimeo.com/460217499#at=1

https://www.medientipp.ch/events/sin-senas-particulares/