Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde

Die adventlichen Kinofreuden sind vielerorts von der Pandemie getrübt. Eine Vorstellung pro Tag oder ganz zu – der Kulturgenuss spielt sich wie im Frühling wieder hauptsächlich in den eigenen vier Wänden ab. Wir stemmen uns – den Galliern gleich – gegen die Kapitulation vor dem Virus und schlagen «Yalda» als letzten Film des Monats im 2020 vor. Dieser iranische Spielfilm läuft ab Donnerstag in den Kinos an, die noch offen sind. Zudem wird er ab dem 8. Januar auch auf www.filmingo.ch als Video on Demand zu Verfügung stehen.

Der Film spielt in der längsten Nacht des Jahres, der Nacht der Wintersonnenwende, wo man das «Yalda»-Fest feiert. Die junge Maryam ist wegen Mordes an ihrem viel älteren Ehemann angeklagt und muss nun in einer TV-Show um ihr Leben kämpfen. was sich anhört wie ein dystopischer Science Fiction ist eine Anspielung auf eine beliebte Fernsehshow im Iran. Regisseur Massoud Bakhshi zeigt nicht nur auf, wie Quoten und damit Geld, jegliche ethische Gesinnung im keim ersticken lassen, sondern auch, wie das patriarchale System des Landes Frauen unterdrückt. Keine einfache Kost, aber lohnenswert!

Mit adventlichen Grüssen, den besten Wünschen für 2021 und bleiben Sie gesund!

Eva Meienberg und Natalie Fritz

Film des Monats Dezember

Dezember 2020

Yalda

Eine junge Iranerin muss in der längsten Nacht des Jahres um ihr Leben kämpfen – in einer TV-Live-Show mit dem bitterbösen Namen «Freude der Vergebung»

Zur Wintersonnenwende wird im Iran traditionell die Yalda-Nacht gefeiert. Ein Fest, dass für Mitgefühl und Barmherzigkeit steht. In dieser längsten Nacht des Jahres wird die wegen Mordes an ihrem über 40 Jahre älteren Ehemann verurteilte Maryam in Handschellen in ein Fernsehstudio in Teheran gebracht. Falls ihr hier in einer Live-Sendung die Tochter des Getöteten vergibt, kann nach islamischem Recht das Todesurteil aufgehoben werden. Begnadigt Maryam gleichzeitig auch die Mehrheit der Zuschauer per SMS, übernimmt der Sender das fällige «Blutgeld», das an die Familie des Opfers gezahlt werden muss.

Abstrus?! Nein. Regisseur und Drehbuchautor Massoud Bakhshi hat sich für seine Geschichte an einem real existierenden Fernsehformat orientiert. In dieser TV-Scheinwelt rechtfertigen hohe Einschaltquoten und Werbeeinnahmen jede Art von Zuschauer-Manipulation und den Entscheid über Leben und Tod.

Bakshsi erzählt aber nicht nur eine bittere Mediensatire, die er kammerspielartig inszeniert. Er prangert auch die iranische Gesetzgebung an, die als Nährboden für dieses menschenverachtende Verhalten dient. Maryam wird als Frau gleich mehrfach diskriminiert. Zuerst durch das Prinzip der Zeitehe. Diese bindet blutjunge Frauen meist aus finanzieller Not heraus für eine vertraglich fest definierte Dauer an wesentlich ältere Männer. Dann durch die Unterwerfung unter ein System, dass sie überhaupt erst in diese Lage brachte. «Yalda» wurde am diesjährigen Sundance Festival mit dem grossen Preis der Jury ausgezeichnet.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Yalda», Frankreich/Deutschland/Schweiz/Luxemburg 2019, Regie: Massoud Bakhshi, Besetzung: Sadaf Asgari, Behnaz Jafari, Fereshteh Hosseini, Verleih: Sister Distribution, www.sister-distribution.ch, Trailer deutsch: https://www.youtube.com/watch?v=ZnV1MPd3Eu8

Kinostart: 10. Dezember 2020

https://www.youtube.com/watch?v=YSMFVHLOyqE&feature=emb_logo

https://www.medientipp.ch/events/yalda/