Abt Martin Werlen: «Ich fühle mich sehr einsam»
SCHWEIZ
Trotz neu bekannt gewordener Missbrauchsfälle will der Präsident der
Schweizer Bischöfe, Norbert Brunner, nichts daran ändern, wie die
katholische Kirche mit sexuellen Übergriffen umgeht. Die Bischöfe fühlen
sich durch den Papst bestätigt. Die Kritik wächst aber – auch intern.
RNA/sda
Der Einsiedler Abt Martin Werlen fordert die Schaffung einer Liste in Rom,
in der angezeigte Kirchenleute registriert würden. «Bei einem
Stellenwechsel in eine andere Diözese wo auch immer auf der Welt könnte
sich ein Bischof erkundigen, ob etwas Gravierendes vorliegt», sagte Werlen
in einem Interview mit dem «SonntagsBlick».
Eine solche Liste lehnt aber Bischof Norbert Brunner ab. Er sehe den
Nutzen nicht, sagte der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz der
Westschweizer Sonntagszeitung «Le Matin Dimanche». Es sei «Sache jedes
einzelnen Bistums, vor einer Anstellung abzuklären, ob eine Person die
fachlichen und moralischen Voraussetzungen erfüllt».
Dennoch will Werlen, der dem Gremium ebenfalls angehört, seinen Vorschlag
der Bischofskonferenz vortragen. Er hoffe, diesen und andere Vorschläge an
einer ausserordentlichen Sitzung besprechen zu können. Er wolle nicht bis
zur ordentlichen Sitzung im Juni warten. «Wir müssen handeln.»
Im Umgang mit Missbrauchsfällen stelle Werlen grosse Unterschiede fest in
der Schweiz. Es gebe Diözesen, in denen man sehr wachsam sei, und solche,
«wo man kaum zu merken scheint, in welch schwieriger Situation wir
stecken».
Mit seinen Einschätzungen und Forderungen fühle er sich zurzeit «sehr
einsam», sagte der Abt, der in den letzten Tagen immer wieder in den Medien
Stellung nahm zu Vorwürfen gegen die Kirche. «Ich realisiere, wie nur
wenige Verantwortungsträger meines Erachtens die Situation richtig
einschätzen.»
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