Brasilien strebt mit viel Gebet den sechsten WM-Titel an
WELT
Die brasilianischen Ballartisten sind nicht nur für ihre Kicker-Kunst
bekannt, sondern auch für ihre besondere Betfreude. In Fragen Frömmigkeit
ist die derzeitige Nationalelf trotzdem etwas Besonderes: Selten zuvor
haben die Spieler der Selecao derart offen ihre Religiosität zur Schau
gestellt.
RNA/kipa
Der Glaube an Gott scheint die Brasilianer ebenso zu beflügeln wie der
Glaube an den sechsten Titelgewinn. Zumindest spielt die Mannschaft von
Nationaltrainer Carlos Dunga derzeit sehr erfolgreich. Spieler wie Kaka,
Luis Fabiano, Lucio und Felipe Melo lesen vor und nach dem Spiel lieber in
der Bibel, als um die Häuser zu ziehen. Die vier Spieler bilden den harten
Kern der bekennenden evangelikalen Pfingstkirchler in der Selecao.
«Athleten für Christus» nennt sich die Gruppe, der neun Spieler angehören.
Viele von ihnen stammen aus armen Verhältnissen, aus zerrütteten Familien.
Halt fanden sie in ihrem Sport – und in der Religion. Während viele ihrer
Jugendfreunde in die Kriminalität abrutschten, haben sie es geschafft, sich
etwas im Leben aufgebaut.
Zwar halten sich innerhalb der Mannschaft die Katholiken und die
Pfingstkirchen angehörenden Spieler in etwa die Waage. Aber während erstere
ihren Glauben eher unauffällig praktizieren, leben die anderen ihren
Glauben in aller Öffentlichkeit aus. «Hast Du gerade nichts zu tun? Dann
bete! Bist Du gerade beschäftigt? Bete! Bete ohne Ende!» twittert
Starkicker Kaka. Gemeinsam mit seiner Ehefrau nimmt der Fussballstar an
Veranstaltungen der brasilianischen Renascer-Kirche teil, deren grösster
Einzelspender er ist. Demnächst will das Paar einen Tempel der
Wunderheilersekte in Madrid aufbauen.
Das Engagement für die Renascer stösst allerdings in Brasilien auch auf
viel Kritik. Schliesslich muss sich die Gemeinschaft dort unter anderem
wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten. Zudem missfallen vielen
Brasilianern und brasilianischen Medien die offensiven Glaubensbekundungen
von Kaka und Co. «Ich kritisiere das religiöse Merchandising, das er und
andere Spieler stets betreiben», sagt der Sportjournalist Juca Kfouri. Im
vergangenen Jahr kniete und betete die Selecao nach dem Spiel geschlossen
auf dem Feld – in T-Shirts mit religiösen Botschaften. Die Fifa ermahnte
die Mannschaft und verwies auf ihr Regelwerk, das unter anderem religiöse
Botschaften auf der Sportlerausrüstung verbietet. Solchen Vorwürfen tritt
Kaka entschlossen entgegen: So wie er die Religion anderer respektiere,
wünsche er sich Respekt für seinen Glauben. Und Kapitän Lucio möchte nach
seiner Kickerkarriere Prediger werden. Aber erst einmal will er für die
Selecao den sechsten Stern gewinnen.
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