GR: Weitere Kirchenglocken gestohlen
Die Zahl der in Graubünden gestohlenen historischen Kirchenglocken ist
auf vier angestiegen. Jetzt sollen die Kirchgemeinden im ganzen Kanton ihre
Glocken nachzählen. Die Motive der Diebe sind für Experten nach wie vor
rätselhaft.
RNA/sda
Der letzte Fall betrifft eine rund 50 Kilogramm schwere, 500-jährige
Glocke der Kapelle Sogn Gagl in Medel bei Disentis, wie der kantonale
Denkmalpfleger Marcus Casutt zur Nachrichtenagentur sda sagte. Auch die
anderen drei Glocken sind aus Kapellen im Raum Disentis im Bündner Oberland
entwendet worden. Die Glockendiebstähle stellen die Kantonspolizei wie die
Denkmalpflege vor grosse Rätsel, ebenso den Glockenfachmann der
traditionsreichen Glockengiesserei H. Rüetschi AG in Aarau, Gerhard
Spielmann. Alle haben noch nie gehört, dass in der Schweiz je eine
Kirchenglocke gestohlen wurde. «Es gibt keinen Markt für historische
Glocken, keine Marktpreise und keinen künstlerischen Wert», weiss
Spielmann. Gelegentlich werde er zwar von privater Seite angefragt, ob er
eine alte Glocke hätte als Dekoration, zum Beispiel für den Garten. «Ich
kann mir aber nicht vorstellen, dass diese Leute Glocken stehlen lassen
würden», so der Glockenproduzent. Auch Diebstahl wegen der Bronze, aus der
die Glocken gegossen sind, lohnt sich laut Spielmann kaum. Ein Kilo
eingeschmolzener Glockenbronze bringt im besten Fall acht Franken ein.
Spielmann kann sich vorstellen, dass die Diebe ihre Beute an arme
Kirchgemeinden in Osteuropa liefern, die sich keine neue Glocke leisten
können. Eine Reproduktion der grössten gestohlenen Glocke würde in der
Aarauer Glockengiesserei inklusive eingeprägter Heiligenbilder etwa 15'000
Franken kosten.
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