Weg-Wort vom
Sind Sie reich?
Sagte einmal ein Ehemann zu seiner Frau: Weisst du, Liebling, ich werde
hart arbeiten, und eines Tages werden wir reich werden. Darauf die Ehefrau:
Wir sind schon reich, Liebster, denn wir haben einander. Eines Tages werden
wir vielleicht Geld haben.
Dieser kurze Dialog macht deutlich, dass es unterschiedliche Sichtweisen des
Reichtums gibt. Wenn wir sagen: Die Meyers sind aber reich!, dann meinen
wir für gewöhnlich den materiellen Reichtum, Hab und Gut, Geld und Besitz.
Das gilt heute und das galt in früheren Zeiten ebenso. Was wir haben, das
dürfen wir konsumieren. Auch das, was die Welt uns bietet und für uns
bereithält. Das ist ganz natürlich, denn wozu gäbe es sonst all die schönen
Dinge? Zudem kurbelt der Konsum die Wirtschaft an. Eine Freundin meinte
einmal, ange-sprochen auf ihre vielen Reisen in ferne Länder, schliesslich
bringe Reisen dem Land die dringend benötigten Devisen, und Reisen bilde.
Das lässt sich nicht leugnen. Die Frage ist nur: Brauche ich immer mehr, um
glücklich zu sein. Und kann ich alle Möglichkeiten ständig im Blick haben,
um nur ja nichts zu verpassen?
Ignatius von Loyola sagt: Denn nicht das viel Wissen (und Haben) sättigt
und befriedigt die Seele, sondern das innerlich die Dinge Verspüren und
Schmecken. Er meint damit, dass es nicht darauf ankommt, alles im Blick zu
haben und alles zu verwenden. Wenn der Mensch sich darauf einlässt, diese
Welt und sich selbst im Angesicht Gottes anzusehen, dann genügt es und ist
es sogar besser, wenigem gut nachzuspüren und es zu geniessen, als vieles
nur an der Oberfläche auf sich wirken zu lassen. Leicht gesagt, aber gar
nicht so einfach getan!
Sicher haben Sie vom Shopping auch schon so manche unnötige Schnäppchen in
vollen Tragtaschen nach Hause geschleppt. Auch das teure Menu im Restaurant
erfüllte absolut nicht Ihre Erwartungen, trotz der vielversprechenden Karte.
So stolpern wir immer wieder über unsere eigenen Ansprüche. Ignatius sagt
dagegen,
dass weniges reicht, um das Gute zu geniessen. Diese Erkenntnis kann
ungeheuer befreiend sein, denn dann brauche ich nicht mehr von Event zu
Event hetzen, muss nicht dies und auch noch jenes haben. Ich muss auch nicht
bis ans Ende der Welt reisen, um mich reich zu fühlen. Es ist besser, das
Wenige zu nehmen, es auszuloten und zu erfahren, dass in jedem Acker, in
jedem Quadratmeter Boden Körner sind, die blühen und Frucht tragen. (J.
Dantscher SJ)
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 13. Januar 2010
Kaffee und Gipfeli
Ein Vereinsausflug mit dem Car, das Znüni am Arbeitsplatz, der Einstieg in
den Fortbildungstag, der Schwatz mit der Freundin nach dem Einkaufen
Kaffee und Gipfeli gehören da, gut schweizerisch, einfach dazu! Bei näherer
Betrachtung
entpuppt sich unsere gute Gewohnheit allerdings als gar nicht so
schweizerisch. Natürlich wissen wir, dass der Kaffee aus fernen Ländern
stammt. Aber das Gipfeli?
Hätten Sie gedacht, dass so ein feines Croissant eine Erfindung aus dem
Orient ist? Und offenbar sogar eine muslimische, denn die Form des Gipfeli
wurde dem türkischen Halbmond abgeschaut also ein eigentliches
Markenzeichen und damit so etwas wie ein Pendant zu den bekannten
Kräuterzeltli von Ricola. (Wer hats erfunden? Die Schweizer!)
Ich nehme an, dass Ihnen Kaffe und Gipfeli auch nach dem Lesen der obigen
Zeilen genau gleich gut schmecken wie vorher. Vielleicht sind Sie aber ganz
einfach ärgerlich geworden und fragen sich, was das Ganze soll. Nun, in
unserem täglichen Leben ist für uns vieles derart selbstverständlich, dass
es nicht viel braucht, und unsere heile Welt gerät aus den Fugen.
Wir gehen im Wellness- und Spa-Center in einen türkischen Hamam und lassen
uns im Urlaub bei einer Führung von der architektonischen und künstlerischen
Schönheit einer berühmten Moschee in den Bann ziehen. Aber es macht uns
offenbar Angst, wenn andersgläubige Menschen in unserem Land nicht nur
Pflichten, sondern auch Rechte wollen. Angst erzeugt jedoch Misstrauen, und
Misstrauen ist ein guter Nährboden für Feindseligkeit und Ablehnung. Ein
Teufelskreis!
Der Benediktinermönch Anselm Grün sagt: Jeder ist für das Klima, das er um
sich herum erzeugt, verantwortlich. Das fängt schon bei den Gedanken an. Wir
müssen unser Denken überprüfen, wo wir unbewusst irgendwelchen Vorurteilen
folgen. Unser Denken wird sich in unserem Sprechen und Handeln auswirken.
Daher beginnt die Versöhnung in unserem Denken. Und wenn das erst noch bei
Kaffee und Gipfeli geschieht, dann kann das nur von Vorteil sein.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 8. Januar 2010
Jesus Gottes Kontrastprogramm
Der weihnachtliche Festkreis schliesst sich mit dem kommenden Sonntag, an
dem wir das Gedächtnis der Taufe Jesu feiern. Für die meisten von uns hat
bereits der Alltag wieder begonnen mit seinem Kleinkram, mit seinem Trott.
Ich frage mich: War das schon alles? War Weihnachten bloss so etwas wie eine
Insel, ein Rückzug ins Private für ein paar Tage, und nun ist wieder alles
gleich wie vorher? Oder bleibt etwas? Was nehmen wir mit in die kommenden
Wochen des neuen Jahres? Hat uns der Blick ganz nach unten in die Krippe,
auf dieses Kind, nachhaltig berührt?
Vielleicht sagt Ihnen das Buch Jesaja etwas. Im Kapitel 42,1-9, dem ersten
Lied vom Gottesknecht, kommt das Charakteristische von Jesus zum Zug. Er
weiss, wie verletzlich Menschen sind, deshalb begegnet er ihnen mit einem
riesigen Mass an Einfühlung, ja, mit absoluter Zuneigung und Zuwendung:
Er schreit nicht und lärmt nicht. Das geknickte Rohr zerbricht er nicht,
und den glimmenden Docht löscht er nicht aus. Er wird nicht müde und bricht
nicht zusammen (Verse 2-4). ER nicht, aber vielleicht wir? Was da
beschrieben wird, klingt ganz nach einem Kontrast zu dem, was normalerweise
unter Menschen üblich ist. (F.J. Ortkemper) Aber was nützt uns das? In
unserer Zeit tobt der Konkurrenzkampf, da wird knallhart wegrationalisiert
und optimiert. Auf die Leistung kommt es an, für Gefühle ist kein Platz, und
für Ideale schon gar nicht, das wäre nur unrealistisch und unvernünftig. Da
geht man doch unter! Dennoch regt sich in mir Widerstand. Ohne Vision leben?
Das hiesse resignieren, klein beigeben. Sicher, es ist schwieriger geworden,
zu leben und nicht nur zu überleben. Und doch möchte ich etwas von dieser
biblischen Vision mitnehmen. Sie will uns Mut machen, trotz aller Sachzwänge
Menschlichkeit zu üben, Mit-Mensch zu sein.
Jesus liess sich von Johannes im Jordan taufen wie Viele damals. Die
Verhältnisse jener Zeit waren alles andere als einfach. Die Menschen
spürten: Es muss etwas passieren, so kann es nicht weiter-gehen. Besinnung,
Umkehr, Neuorientierung die Busstaufe bildete da den Anfang. Jesus steigt
in den Jordan, nach unten, in die Tiefe. Er geht den Weg des Volkes mit,
holt die Menschen heraus aus ihrem Elend. Sein Antrieb dafür, sozusagen der
Motor, ist der Geist Gottes, aus dem er handelt. Das ist ja das Typische für
Gott, dass es ihn nach unten zieht, in unsere Geschichte hinein. Gott müht
sich ab um jeden einzelnen Menschen, aus lauter Liebe macht er die Arbeit
eines Knechtes. Wenn ich den Alltag mal wieder mühsam finde, an meine
Grenzen stosse oder in ein Loch falle, will ich an die Verse aus dem Buch
Jesaja denken. Gott steht zu mir, er ist und er bleibt bei mir, er lässt
mich nicht fallen. Er weiss um meine Grenzen. Gerade deshalb bleibt er der
treue JAHWE, der Ich-bin-da-für-euch. Das stärkt und macht Mut, auch
einmal gegen den Strom zu schwimmen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 07.Janaur 2010
Das Paradies kommt selten allein
Eigentlich beginnt das Jahr erst heute neu.
Wir haben so viele Möglichkeiten neu anzu¬fangen und doch wagen wir es bei
den offiziellen Um¬brüchen der Zeit nicht mehr gross. Es gibt Leute, die
sagen, der Weg zur Hölle sei mit Vor¬sätzen gepflastert. Also kein
Neubeginn, keine Vorsätze, keine bewusste, absichtliche Änderung des
Lebensalltages. Ja, dann bleibt es so, wie es ist, aber warum feiern wir
dann immer wieder Neujahr oder auch Weihnachten. Da passiert doch Neues. Wir
haben doch Weihnachten bis zum Dreikönigstag gefeiert, sind diesem Bogens
der Neuschöpfung unserer Welt und unseres Alltags nachgegangen Tag für Tag
haben wir in dieser Zeit, also im Paradies, verbracht und es hoffentlich
auch genossen, manchmal wohl unter dieser ungewohnten Andersartigkeit der
Zeit gelitten. Es ist mir gewesen, als hätten in den letzten 12 Tagen andere
Regeln gegolten:
Das Bild zeigt den Zusammenfluss von Minnesota-River und Missouri und die
Lakota-Indianer haben an diesem Ort den Entstehungsort der Erde gesehen:
Hier passierte Neues und mit welcher Urkraft. Die Welt ist entstanden. Und
Weih¬nachten hat das nicht unsere Welt verändert. Und da soll heute am 7.
Januar 2010 der Alltag wieder beginnen und alles gleich wie früher sein,
ohne Verände¬rungen Sind wir da sicher? Es muss doch etwas mit uns
geschehen sein, dass wir nicht einfach mit den alten Mustern in diesen neuen
Tag danach einsteigen, und doch wollen wir keine Veränderung wahrhaben:
Nichts Neues von Innen und nichts Neues von Aussen. Wo bliebe da die Kraft
von Weihnachten der Geburt Christi dieser neuen Schöpfung wenn sie
nicht auch mich verändern würde, auch uns. Sie verändert uns. So brauchen
wir uns richtigerweise nicht um Vorsätze für das neue Jahr zu bemühen, denn
Gott hat diese Welt schon so verändert, dass wir ganz neue Aufgaben
bekommen. Er ruft uns zu: Hey, ich brauche Euch, dass meine neue Schöpfung
gelingt. Es ist die Geschichte mit dem Kind, es braucht euch wirklich.
Sorgen sollen wir für es, für das Menschenkind und für alles, wofür es
steht, für die ganze Schöpfung, die uns alle braucht wie ein Kind, dass wir
sie umsorgen und dafür schauen, dass sie gesund wachsen kann.
Weihnachten ist wie das Paradies neu erfahren, und damit die gestalterische
Kraft Gottes. Sie liegt in uns. Ausgerüstet mit diesem Sorge- und
Schöpfungswillen können wir den Tag so frisch, wie er ist, neu gestalten.
Gott braucht uns.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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