Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 27. Januar 2017
Sieg oder Niederlage
Vor einiger Zeit las ich in einer amerikanischen Zeitung folgenden Satz:
Als der Läufer zusammenbrach, standen die Trainer ratlos am Wegrand. Sie
hatten doch alles trainiert nur nicht die Niederlage. Dieser Satz machte
mich betroffen. Ja wir trainieren, lernen was das Zeug hält. Immer noch
besser, schneller, gescheiter. Und dann?
Der Zusammenbruch dieses Marathonläufers war für mich symbolisch: Mit ihm
ist der kranke Ehrgeiz zusammengebrochen, die unmenschlichen Anforderungen
an Kindern und Jugendliche, der übertriebene Leistungsdruck. Ich bin nicht
gegen einen gesunden Ansporn, der mich herausholt aus meiner Lethargie. Es
gibt auch die Freude über eine vollbrachte Leistung. Die Balance zu finden,
zu erkennen wann ich von mir und meinen Nächsten zu viel fordere oder wann
gerade dieser Kick nötig ist um Zufriedenheit zu erlangen ist oft nicht
einfach.
In einem Skilager mit Frauen und Männer mit einer intellektuellen
Behinderung war das Skirennen am Ende der Woche immer ein Ereignis. Mann
und Frau versuchte jeweils irgendwie den Hang runterzukommen, angespornt von
allen Teilnehmenden. Da geschah, was so oft geschieht: eine Frau fädelt am
Tor ein und stürzt. In einer Seelenruhe steht sie auf, wischt sich den
Schnee von den Kleidern, schaut in die Runde winkt strahlend allen
Kolleginnen und Kollegen, nimmt die Skier unter den Arm und läuft zu Fuss
durchs Ziel. Keine Trauer, keine Wut keine Enttäuschung war zu spüren, denn
für die Frau war klar: sie hatte ihr Ziel erreicht.
Und übrigens: bei der Siegerehrung am Abend bekamen jeweils alle eine
Medaille!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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