Weg-Wort vom 5. Februar 2013
Etwa 95%
Ich lese im Buch 'Der kleine Buddha' von Linard Bardill folgende Gedanken,
die mich beeindrucken:
"Am liebsten seien ihr halt die Kolumnen über den kleinen Buddha, sagte mir
eine Frau und strahlte. Das tue ihr einfach gut. Sie ist nur eine von
vielen. Der kleine Buddha gefällt. Er ist ein Herzens-brecher. Er ist zwar
sogenannt behindert, aber das macht den Leserinnen und Lesern nichts aus, im
Gegenteil! Ich schreibe gerne wieder über meinen kleinen Buddha, denn er ist
mein Sonnenschein und meine Nervensäge. Er ist so wunderbar wie anstrengend.
Er ist wie ein Morgenglanz der Ewigkeit und der letzte Sargnagel für mein
gestresstes Weltverbesserergehirn.
Ich werde wieder über ihn schreiben, versprochen! Doch heute muss ich etwas
anderes loswerden. Wussten Sie, dass sich in der Schweiz etwa 95% der
Eltern, die ein Kind mit Downsyndrom erwarten, für eine Abtreibung
entscheiden? 95% wollen keine kleinen Buddhas. Darüber was Schönes lesen
schon, aber haben wollen sie etwas Normales. Ich mag nicht darüber urteilen.
Das muss jeder selber entscheiden. Was man aber verpasst, wenn man kleinen
Buddhas den Weg ins Leben versperrt, darüber kann ich sackweise Geschichten
erzählen."
Die Gedanken von Linard Bardill stimmen mich nachdenklich. Was für ein Druck
erzeugt der neue Gentest auf werdende Eltern!? Statt wie bisher mit der
Fruchtwasseruntersuchung, besteht nun die Möglichkeit, die DNA des Kindes
per Bluttest auf Trisomie 21 zu untersuchen. Die Schweizerische Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe empfiehlt den Test zwar nur bei Schwangeren
mit einem erhöhten Risiko. Auf den ersten Blick scheint die Möglichkeit
einer vorgeburtlichen Diagnostik risikolos. Sie birgt aber doch die Gefahr
in sich, dass werdende Mütter beziehungsweise Eltern unreflektiert
einwilligen für etwas, über dessen Reichweite sie sich nicht bewusst sind.
Wie reagieren Eltern, wenn der Gentest eine Trisomie 21 zeigt? Was für
Gefühle, Ängste und Unsicherheiten werden ausgelöst?
Heikle Fragen, die jedes Paar für sich und mit Fachpersonen gut überprüfen
muss.
Mit freundlichen Grüssen
(c) Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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