Weg-Wort vom 20. Dezember 2006
Mensch werden
Die Welt ist nicht so, wie wir sie gerne hätten. Wie haben wir sie doch
satt, die ewigen Nachrichten von der Gewalt überall auf der Welt, von Krieg,
Terror und Betrug! Wir können sie kaum mehr hören und sehen. Wie sehnen wir
uns doch nach ein bisschen mehr Frieden und Gerechtigkeit auf dieser Welt!
Wenigstens an Weihnachten möchten wir für ein paar Tage an das Gute glauben
können. Die Weihnachtsgeschichten erzählen ja viel von berührender
Menschlichkeit, von Versöhnung und Freude. Das zu hören, tut gut. Aber so
richtig an den Frieden glauben so naiv sind wir nicht, trotz Weihnachten.
Denn was können wir schon wirklich tun für mehr Frieden auf der Welt!? Wir
hätten vielleicht noch so gerne die Macht dazu. Aber die haben eben andere
die Mächtigen und Reichen dieser Welt. Wenn, dann müssten sie es richten!
Und endlich vernünftig und menschlich werden.
Ganz anders die Botschaft von Weihnachten. Sie setzt nicht auf Macht, Stärke
und Grösse, schon gar nicht auf Gewalt. Sie verheisst uns den Frieden - die
Erlösung aus dem Teufelskreis von Macht und Gewalt - in einem wehrlosen Kind
armer Eltern.
Es ist ein Weg, der in die Ohnmacht führt und sie aushält. Dieses Kind in
der Krippe, das uns an Weihnachten so sehr anrührt, in dem Gott Mensch
geworden ist, hat auch als Erwachsener auf Macht und Gewalt verzichtet. Mit
seinem Vertrauen in Gott, seinem Mitgefühl für die Schwachen und seiner
liebevollen Verbundenheit mit allem Leben hat er in all seiner Ohnmacht und
Wehrlosigkeit wahrhaft Grösse gelebt.
Wir werden erst wahrhaft Mensch, wenn wir unsere eigene Schwachheit und
Wehrlosigkeit nicht mehr mit Macht und Gewalt überspielen müssen. Wenn wir
auch unsere Ohnmacht annehmen und sie aushalten.
Überall da aber, wo Menschen wahrhaft Mensch werden, kann wirklich Friede
werden.
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche