Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!

 

Weg-Wort vom 14. August 2020

 

Trauben anschleppen
In den Kapiteln 13 und 14 des 4.Mosebuches wird folgende Geschichte erzählt:
Das Volk Israel, das unter der Führung von Moses der Sklaverei in Ägypten entkommen konnte, ist durch die Wüste Sinai zu dem versprochenen Land Kanaan gezogen, in dem es – so die Verheissung – frei und selbstbestimmt leben soll. Nun schickt Moses zwölf Männer aus, damit sie das Land und die darin lebenden Menschen auskundschaften. Nach 40 Tagen kommen sie zurück, mit Früchten beladen. Josua und Kaleb tragen eine Rebe, so riesig, dass sie sie zu zweit an einer Stange schultern müssen! Es sei ein Land, in dem «Milch und Honig» fliesse, berichten die Boten. Aber auch eines, das von mächtigen Völkern bewohnt sei, denen man militärisch nicht beikommen könne. Zehn der zwölf Kundschafter raten darum davon ab, in das Land einzuwandern. Nur Kaleb und Josua glauben, dass dies unter dem Schutz Gottes möglich sei.
Als Strafe dafür, dass es sich von der Mutlosigkeit der zehn Kundschafter hat anstecken lassen, muss das Volk dann noch 40 Jahre in der Wüste bleiben. Eine ganze Generation stirbt dort. Einzig Josua und Kaleb ist es vergönnt, mit der nächsten Generation im gelobten Land anzukommen.
Die beiden sind Hoffnungsboten. Sie stehen für das Festhalten an einem Ziel, das unerreichbar scheint, für das Ausharren und Warten, für den Glauben daran, dass ein Zustand der Lebensfülle und der Freiheit für alle möglich ist – auch wenn man das Gefühl hat, man werde es im Leben nie erreichen.
Für mich sind Kaleb und Josua auch ein «Rollenmodell» für das Verhältnis von Kirche und Staat. Kirche soll Hoffnungszeichen sein für eine gerechte Gesellschaft, in der es genug für alle hat. Sie soll «Trauben anschleppen» und immer wieder zeigen: «So kann es sein, auch wenn wir es noch nicht erreicht haben.»

Mit freundlichen Grüssen

Ihre Bahnhofkirche

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abb.: Josua und Kaleb bringen die Traube aus dem Gelobten Land, Louis Counet, zw. 1700 und 1720, Stadtmuseum Simeonstift Trier.

 

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