Weg-Wort vom 8. März 2013
Die Paradiesgeschichte
"Das habe ich nun begriffen!", sagt die alte Dame zu mir und fährt weiter:
"Diese Geschichte vom Paradies und von Adam und Eva entstammen den Vorstellungen von
Menschen! Was aber soll diese Paradiesgeschichte in der Bibel? Warum berichten sie uns
das?"
Ganz offensichtlich soll die Paradieserzählung erklären, warum die Lebensverhältnisse
ihrer Hörerinnen und Hörer so beschwerlich, so gefährlich und so hart sind.
Kurz zusammengefasst lautet die Erklärung der Paradieserzählung: Die Menschen haben sich
das alles selbst zuzuschreiben. In ihren harten Lebensverhältnissen werden sie tagtäglich
konfrontiert mit den Auswirkungen ihrer Entscheidungen und derer ihrer (ersten) Vorfahren.
Ein negatives Menschenbild drückt sich also in dieser Darstellungsweise aus. Und Gott
kommt entsprechend gut weg. Er ist grosszügiger und gütiger, als die Menschen es hätten
erwarten können. Er verzichtet auf die Vollstreckung der angedrohten Todesstrafe. Und mit
rührender Fürsorge kümmert er sich um die Bekleidungsprobleme seiner aufgeklärten
Geschöpfe.
Nur in einem Punkt zieht er eine für die Menschen unüberwindbare Grenze. Vom Baum des
Lebens dürfen sie nicht essen. Ewig leben sollen die Menschen nicht. Und darum werden sie
aus dem Garten Gottes vertrieben.
Der Preis für die Freiheit ist die Sterblichkeit, ist der Tod. Und die Chance der Freiheit
ist ein Leben, in dem die Menschen gestützt auf ihr Wissen und ihr Können für sich selbst,
für ihre Mitgeschöpfe und für die ganze Schöpfung vor Gott und voreinander Verantwortung
übernehmen. Die Vertreibung aus dem Paradies können wir damit nicht rückgängig machen.
Aber wir dürfen als Geschöpfe Gottes auf seiner Erde und mit allen Möglichkeiten, die sie
uns schenkt, leben.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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