Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 6. März
Spur
Das Passagierschiff, das bei uns von der Schiffsanlegestelle losfährt und den See überquert, hat keinen weiten Weg. Es dauert nur wenige Minuten bis es den Steg auf der gegenüberliegenden Seite erreicht. Beim Überqueren zieht es einen breiten Wellenkeil ins Wasser. Dazwischen kräuseln sich kleine Wellen, die der Schiffsmotor macht. Im Abendlicht leuchtet dieser Keil aus Wellen besonders schön.
Das Schiff ist an der Spitze des Keils. Es weiss nichts von der bewegten Formation, die es ins Wasser zieht. Noch während es drüben anlegt, schwappen hier die Wellen an Land. Die Leute im Seerestaurent halten inne, schauen, deuten, machen ein Foto.
Der schöne Anblick dauert ein paar Minuten, dann ist der See wieder glatt – bis dieses Schiff oder ein anderes losfährt. Ich kann mich diesem Anblick nie entziehen und nicht den Gedanken die mitkommen.
Was hinterlasse ich, wenn ich in den Hafen einfahre? Was bleibt von meinem Leben?
Wer wird sich an mich erinnern und wenn sich jemand erinnert, wie wird man mich erinnern, was wird von mir in Erinnerung sein, selbst nur ein paar Wellenschläge lang?
Der Anblick des Schiffes und seiner Spur schenkt mir diesen Moment der Klärung: Ich wünsche mir, dass ich ein gutes Leben führen kann, eines das vor mir selbst bestehen kann und das mir selbst Freude gemacht hat, wenn ich auf meine Spur im Wasser zurückschaue, bevor ich mein Schiff in den Hafen fahre.
Ich klinke mich mit diesen Gedanken einen Moment aus dem Alltag aus. Er ist mir gegeben, damit ich meine Lebensfahrt bedenke und einen erfahrenen Steuermann ans Ruder lasse.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche

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