Weg-Wort vom 30. Oktober 2008
Wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird auch der Menschensohn
sich schämen, wenn er kommt in seiner Herrlichkeit und in der Herrlichkeit
des Va-ters und der heiligen Engel. (Lukas 9,26)
sich schämen
Mit diesen Musikern musst du dich nicht schämen, meinte eine Bekannte, als
wir ein Fest vorbereiteten.
Schämen wofür - vielleicht, dass man einen falschen Musikgeschmack haben
könnte? Die Bemerkung irritierte mich. Was ist schämen, begann ich zu
überlegen. Was könnte an der falschen Wahl so peinlich sein - vielleicht,
weil ich damit etwas von mir preisgebe?
Der Wortstamm schämen leite sich vom germanischen Wort bedecken ab. Wer
sich schämt bedeckt also etwas, weil es ihm sonst die Röte in die Wangen
treibt. Das wofür man sich schämt, macht verletzlich. Man befürchtet
ausgestossen zu werden, wenn andere wissen, dass man in diesem von der Norm
abweicht. So versuchen wir den Mangel zu bedecken. Wird er trotzdem
offenbar, schämt man sich in Grund und Boden. Wir Menschen versuchen zu
vermeiden uns eine Blösse zu geben. Das prägt unser Ver-halten.
Als Gott Adam und Eva aus dem Paradies wies, machte er ihnen Röcke aus Fell,
damit sie ihre Scham bedecken konnten. (Gen.3,20)
Scham hat darum mit der Menschwerdung zu tun. Seit dem Bewusstsein um gut
und böse vergleichen wir uns mit Andern. Uns beschäftigt die Frage: Bin ich
oder habe ich weniger oder mehr?
Schneiden wir im Vergleich schlechter ab, schämen wir uns.
Vor Gott aber sind wir alle gleich. Er hält für jeden von uns Schutz und
Würde bereit, damit wir uns nicht schämen müssen. Allerdings um die
Anstrengung, dass wir uns ihm zuwenden, weil die Beziehung zu ihm für uns
wichtiger ist, als die zu andern Menschen.
Jesus spricht darum auch die Scham an, mit denen die Leute ihren Glauben
bedecken. Glauben ja, aber mach einer schämt sich dazu zu stehen; denn ein
offenes Bekenntnis könnte als Schwäche gedeutet werden.
So lacht man verlegen mit - selbst über das - was für einem wertvoll ist.
wir lassen es zu, dass die Scham sich zwischen uns und Gott schiebt. Darum
bleibt uns dann auch seine Herrlichkeit verborgen.
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