Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 7. April 2021
Kelche wie Menschen
Die Künstlerin Maja Thommen hat in den beiden City-Kirchen Luzerns für die Passions- und Osterzeit Installationen geschaffen. Im Weg-Wort vom 26. März habe ich Gedanken zu der Arbeit in der Peterskapelle formuliert.
Nun folgen solche zum Werk in der Matthäuskirche.
Dreizehn grosse, kelchartige Objekte stehen da zusammen mit einem schlichten Tisch im vorderen Kirchenraum. «Abendmahl» bzw. «Kommunion» fällt einem dazu ein. Wird hier das letzte Mahl der Jünger mit Jesus vor dessen
Verhaftung und Kreuzigung angedeutet? Oder stehen die Kelchobjekte für die christliche Gemeinde, die sich – unter normalen Umständen – in den vergangenen Tagen zum Mahl getroffen hätte? Auffallend ist, dass die Kelche mit einem Material gefüllt sind, das die
Farbe von Haut hat. Und sie sind alles andere als blank und glatt, sondern wirken eigentümlich organisch, wie Körperteile, mit ihren hügeligen, fast ein bisschen buckligen Oberflächen. Auch hat jeder Kelch eine andere Musterung. Das sind Kelche wie Menschen!
Ja, so waren sie doch, die Jünger! Und so sind Menschen auch heute, die sich an Jesus orientieren: Jede anders, jeder eigen, nicht glatt und glänzend, sondern oft genug knorpelig und knorzig. Lebendig eben.
Im 4. Kapitel des 2. Korintherbriefs der Bibel schreibt Paulus:
«Wir haben diesen Schatz aber in irdenen Gefässen, damit die Überfülle der Kraft Gott gehört und nicht von uns stammt.»
Mit dem Schatz meint der Apostel das Licht, die Gegenwart Gottes.
Glaubende sind begrenzte und zerbrechliche Kreaturen. Allein vermögen sie wenig. Gefässe sind sie, durch die andere und anderes wirken. Und manchmal blitzt in ihnen etwas auf vom Licht, von der Kraft Gottes.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Abbildung: Maja Thommen, Der Fels, auf dem ich stehe, der Kelch, aus dem ich trinke, 2021, Installationsansicht Matthäuskirche Luzern.
Foto: Benvenuto Saba. Freundliche Genehmigung der Künstlerin. Die Installationen sind noch bis morgen, 8. April zu sehen.
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich