Weg-Wort vom 14. Dezember 2007
Zeichen der Hoffnung
Eine Episode aus dem Leben Marias haben Künstler über die Jahrhunderte immer
wieder fasziniert: Es ist ihr Besuch bei Elisabeth. Es gibt wunderbare
Darstellungen: Zwei Frauen begegnen sich, die beide schwanger sind.
Bisweilen hat man das Gefühl, zwei Königinnen begegneten sich. Dabei sind
diese beiden Frauen eigentlich in grosser Verlegenheit.
Elisabeth ist viel zu alt, als dass sie noch ein Kind aufziehen könnte. Sie
hat ein Leben lang darauf gewartet, als es noch Zeit war. Und jetzt, nachdem
sie sich mit ihrem Schicksal als kinderlose Frau abgefunden hat, bekommt sie
noch ein Kind!
Nicht minder zwiespältig mögen die Gefühle von Maria gewesen sein: Sie ist
noch sehr jung und nicht verheiratet. Ihr Verlobter Josef hat sie noch nicht
zu sich genommen. Welchem Gerede wird sie in ihrem Dorf ausgesetzt sein,
wenn die Leute von ihrer Schwangerschaft erfahren!
In der Sprache unseres Sozialstaates haben wir es mit zwei
Problemschwangerschaften zu tun, mit zwei Frauen, die heute wahrscheinlich
die Schwangerschaftsberatung aufsuchen würden. Deshalb ist es höchst
verwunderlich, dass die Geschichte so ganz anders endet als wir erwarten.
Sie klingt mit einem freudigen Lied Marias aus: Hoch preist meine Seele den
Herrn, und mein Geist jauchzt in Gott, meinem Heiland (Lk 1,47).
Wenn wir nach einer Erklärung für diese freudige Stimmung suchen, müssen wir
an den Anfang der Geschichte gehen. Maria geht zu Elisabeth, weil ihr der
Engel Gabriel ein Zeichen der Hoffnung angekündigt hat: Bei Gott ist kein
Ding unmöglich. Deine Base Elisabeth ist auch im sechsten Monat, obwohl sie
schon alt ist (V.36). Maria bricht als eine auf, die von Gott im Glauben
aufs höchste herausgefordert ist, aber auch im Vertrauen, dass Gott ihr ein
Zeichen der Hoffnung gibt. Sie will sehen, ob das Versprechen wahr ist, das
ihr gemacht worden ist.
Solche Zeichen der Hoffnung empfangen viele Menschen in der Bibel. Das sind
keine ungewöhnlichen Phänomene, sondern ganz normale, alltägliche Vorgänge,
die aber im Glauben wahrgenommen werden und Mut machen. Kenne ich solche
Zeichen der Hoffnung auch in meinem Leben? Zeigen sie mir, dass Gott auch
mit mir ist, dass ich auch in schwierigen Situationen nicht allein gelassen
werde?
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche