Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
 
Weg-Wort vom 15. November 2021
 
Gelbe Seife
 
«Ich habe das schon immer so gemacht». Das ist der Satz der Menschen, denen jedes Argument ausgegangen ist, um etwas an ihren Denk- und sonstigen Gewohnheiten zu ändern. Es ist der Satz der lustlos Unflexiblen, der Satz, der in die Alterssturheit führt. Ich werde nun schon älter und genau dort möchte ich nicht landen.
Die Coronazeit hat einen Seifenhersteller auf die Idee gebracht eine sichtbare Seife herzustellen. Diese Seife soll Kinder und Erwachsene gleichermassen dazu animieren, beim Händewaschen einmal genau hinzusehen. Hat man seine Hände ganz eingeseift, so wie es uns im Umgang mit dem Virus ganz besonders empfohlen wird? Habe ich an die Daumen gedacht, die Fingerspitzen, den Handrücken? Die leuchtend gelbe Seife macht sichtbar, wo ich sorgfältig geseift habe und wo geschludert.
Das Ganze macht Sinn, denn das Waschen der Hände mit Seife kann die Zahl der Keime auf ein Tausendstel reduzieren, ­– wenn ich es denn richtig mache. Dazu gehört auch das vollständige Abspülen der Seife. – Die Seife umhüllt die Keime. Wenn die Seife nicht ganz abgespült wird, bleiben die Keime.
Beim Ausprobieren der Seife war ich neugierig: Ich habe die Seife angewendet, wie ich das immer tue, um meine jahrelange Praxis zu überprüfen und habe festgestellt, dass ich mich verbessern kann. Meine Annahme, dass ich schon weiss, wie man Hände wäscht, hat sich nicht als völlig falsch erwiesen, aber auch nicht als richtig.
«Bitte sag es mir,… », sage ich den Leuten, die meine wirklichen Freunde und Freundinnen sind. «Seid meine gelbe Seife, meine Chance lebendig zu sein, solange ich lebe.»

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