Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 11. Oktober 2021
Unendlich
Um das Jahr 1980 herum machte der französisch-US-amerikanische Mathematiker Benoît B. Mandelbrot eine Entdeckung, die später nach ihm als Mandelbrot-Menge
bezeichnet wurde und im Volksmund den Namen «Apfelmännchen» erhielt. Durch einfaches Berechnen und Einfärben von Punkten auf der Ebene der komplexen Zahlen entsteht ein Bild von zerklüfteten, spiralförmigen Formen an den Rändern, fraktal, d.h. immer wieder
ähnlich aber nie ganz gleich. Die Mandelbrot-Menge ist nach aussen begrenzt, und zugleich ist sie irgendwie unendlich. Erhöht man die Genauigkeit und zoomt quasi in den Rand hinein, dann kommen weitere bizarre Strukturen zum Vorschein. Es würde unendlich so
weitergehen, kämen nicht die Computer an ihre Leistungsgrenzen. Theoretisch müsste jede erdenkliche Form irgendwann irgendwo in der Mandelbrot-Menge auftauchen.
Die ganze physische Welt lässt sich in Analogie zur Mandelbrot-Menge anschauen: Auch die Welt ist voll von fraktalen Strukturen. Und wenn wir die technischen
Möglichkeiten dazu hätten, würden wir ohne Ende kleinere und kleinere Teilchen und Strukturen entdecken können, die zugleich als Energien und Schwingungen angesehen und beschrieben werden könnten.
Die Mandelbrot-Menge sehe ich auch als Sinnbild für die menschliche Seele. Das Apfelmännchen ist aussen begrenzt, zugleich offenbart genaues Hinschauen
seine grenzenlose Formenvielfalt. Je mehr ich mich mit meinem Innenleben befasse, zum Beispiel durch Meditieren, desto mehr innerer Reichtum wird sich mir zeigen. Dieses Wissen fordert mich zum achtungsvollen Umgang mit jeder Person auf. Egal wie unscheinbar
und unattraktiv sie von aussen erscheinen mag: Sie hat doch allen Wert und alle Würde in sich.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Ein Ausschnitt aus der Mangelbrot-Menge (Quelle: Pixabay)
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