Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 23. Oktober 2019
Ewiger Friede
Im Jahr 1894 schrieb der deutsche Flugpionier Otto Lilienthal dem Ethiker Moritz von Egidy. Lilienthal ahnte, dass die Entwicklung der Fliegerei rasant voranschreiten werde. Daraus entwickelte er eine grosse Friedensvision: Dank der Fliegerei würden die Grenzen zwischen den Ländern ihre Bedeutung verlieren, weil diese „sich nicht mehr absperren lassen“. Auch die Landesverteidigung würde jetzt unmöglich werden und „die Unterschiede der Sprachen würden mit der zunehmenden Beweglichkeit der Menschen sich verwischen.“ Endlich also werde die Menschheit den „ewigen Frieden“ errichten können.
Zwei Jahre später starb Lilienthal. Es ist ihm erspart geblieben, die Entwicklung des Luftkrieges im ersten und zweiten Weltkrieg und damit die Perversion seiner Vision mitzuerleben.
Immer wieder ist es beeindruckend, wie sehr wir Menschen uns bezüglich der Zukunft täuschen und in welchem Masse wir unsere Möglichkeiten überschätzen. Neue technische Entwicklungen bringen uns viel – den Frieden in der Regel nicht.
Im biblischen Buch Kohelet unternimmt es der Autor, mit aller ihm zur Verfügung stehenden Weisheit das Tun und Lassen der Menschen zu ergründen. Nüchtern registriert er: „Alles war nichtig und ein Greifen nach Wind“ (Koh 2, 17). Er beobachtet, dass gut meinende Menschen scheitern und korrupte Erfolg haben. Er sieht, dass unser Erkennen permanent an Grenzen stösst. Sinn findet der Prediger im Akzeptieren dieser Realität und im bewussten Auskosten, dessen, was gut und stimmig ist. Er preist Essen, Trinken, schöne Kleider, das Leben mit der geliebten Frau.
Das sind die guten Gaben Gottes (Koh 9, 7-10)!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
©Ottomar Anschütz, Otto Lilienthal, 1894/ Wikimedia Commons
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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