Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 11. Februar 2021
Schöpferischer Tanz
Als ich im Jahr 1995 meine erste Stelle in einer Pfarrei antrat, war im Zusammenhang mit der Fastenzeitkampagne ein Hungertuch aktuell, das von Nyoman Darsane, einem
Künstler aus Bali, geschaffen wurde. Es bestand aus sechs quadratischen Tüchern, deren Originale in Batik-Technik entstanden waren. Schon beim ersten Anblick faszinierten mich die Bilder, welche die biblischen Gestalten so frisch und mit viel Schwung darstellten.
Eines davon zeigt Christus, der sich offensichtlich gerade in einem Tanz befindet, angedeutet durch sein wehendes Haar und die flatternden Stoffe seiner Kleidung. Schwungvoll
entlässt seine linke Hand eine strahlende Sonnenscheibe in den Himmel, während seine rechte Hand schon den Mond bereithält. Darsane verbindet in seiner Kunst den christlichen Schöpfungsglauben mit östlicher Tradition, in der das Göttliche die Welt durch einen
Akt des Tanzens in die Wirklichkeit ruft.
Wenn wir tanzen, tun wir dies in der Regel aus reiner Lust und Lebensfreude. Die Vorstellung einer getanzten Schöpfung sagt mir, dass Gott Freude an allem und Zuneigung
für alles hat, was ist, einschliesslich meiner selbst, und dass er mich einlädt, an dieser Freude Anteil zu nehmen.
Der Tanz ist mir ein liebes Hobby, und ich habe seine schöpferische Qualität schon erfahren. Wenn Gedanken stocken und ich nicht weiterweiss, dann hilft es mir, meinen
Körper zu schütteln und absichtslos zu bewegen. Es dauert nicht lange, und mein Kopf ist wieder frei für Neues. Sollte Kreativität von Ihnen gefragt sein, versuchen Sie es doch auch einmal mit tanzen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Nyoman Darsane: Die Erschaffung von Sonne und Mond; Teil des Hungertuchs 1995 von Fastenopfer und Brot für alle.
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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