Weg-Wort vom 29. Oktober 2010
Ein Leben ohne Warum
Es ist der Tag, an dem mir ein lieber Bekannter von der Geburt seiner
Zwillinge erzählte.
Freude, Jubel kein Warum.
Es ist der Tag, an dem ich vom tragischen Tod von Steve Lee erfuhr. Der Name
sagte mir wenig, Leadsänger von Gotthard schon mehr. Ich dachte an die
Betroffenen, aber auch an meine Freunde, die kein Konzert von Gotthard
ausliessen. Unbegreiflich, so schmerzhaft, so sinnlos - und die brennende
Frage Warum?.
Es ist auch der Tag, an dem ich aus dem Büchlein von Dorothee Sölle las
Leidenschaft für das Leben. Dort schreibt sie: Der Begriff des ohn
Warum, sunder warumbe? stammt von Meister Eckhart..
Er meint: Wer das Leben fragte tausend Jahre lang: Warum lebst du?,
könnte es antworten, es spräche nichts anderes als Ich lebe darum, dass
ich lebe. Das kommt daher, weil das Leben aus seinem eigenen Grunde lebt
und aus seinem Eigenen quillt; darum lebt es ohne Warum eben darin, dass es
(für) sich selbst lebt. Wer nun einen wahrhaftigen Menschen, der aus seinem
Grunde wirkt, fragte: Warum wirkst du deine Werke? sollte er recht
antworten, er spräche nichts anderes als: Ich wirke darum, dass ich wirke.
Wo die Kreatur endet, da beginnt Gott zu sein. Nun begehrt Gott nichts mehr
von dir, als dass du aus dir selbst ausgehest deiner natürlichen Seinsweise
nach und Gott Gott in dir sein lässt.
Frage nicht nach dem Warum, aber schätze jeden Tag als besonderes Geschenk,
als den Tag, an dem du Gott in dir wahrnimmst. So bist du und dein Tag
erfüllt. Kein Warum nach der Schönheit der letzten Minute, sie gehört in
unser Leben erfüllt es. Kein Warum nach dem Schmerz der letzten Minute, er
gehört in unser Leben und füllt es. Und Gott in beidem bei uns, in beidem
in uns. Er ist da.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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