Weg-Wort vom 4. Juni 2008
Wenn kein Stein auf dem anderen bleibt
Sie möchte auch einmal vom Guten berichten, das ihr widerfahren ist. Denn
heute gehe es ihr besser denn je, meinte die fünfzigjährige Frau. Sie habe
jetzt viel Schönes erfahren dürfen. Lange genug habe sie nur noch klagen
können. Denn in ihrem Leben war das Tempel-Wort Jesu Wirklichkeit geworden:
Einige Leute im Tempel unterhielten sich über den Bau über die herrlichen
Steine und die Ausstattung mit kostbaren Weihegeschenken. Da sagte Jesus:
Alles, was ihr da seht, wird bis auf den Grund zerstört werden. Es kommt die
Zeit, dass kein Stein auf dem andern bleiben wird. (Lk 21,5f)
Ihr Leben schien wohl geordnet und verlässlich gebaut. Alles war für sie wie
unerschütterlich und felsenfest. Ein Wanken ihres Lebensgefüges undenkbar.
Und dann doch: Alles, worauf sie sich so fest verlassen hatte, geriet durch
einander und brach zusammen. Kein Stein blieb auf dem anderen. Das
Unvorstellbare war auf einmal Wirklichkeit geworden. Immer wenn sie dachte,
schlimmer kann es nicht werden, kam neues Unheil dazu.
Sie war verzweifelt, wütend auch und untröstlich. Oft wusste sie nicht mehr
ein und aus. Was sie aber durchhalten liess, was sie über Wasser hielt, war
ihr unerschütterlicher Glaube. Sie habe vorher nicht gewusst, welche Kraft
ihr der Glaube zu geben vermag.
Halt gaben ihr immer wieder die Worte Jesu: Haltet durch, dann werdet ihr
das wahre Leben gewinnen. (Lk 21,19) Himmel und Erde werden vergehen, aber
meine Worte vergehen nicht. (Lk 21,33) Ich bin immer bei euch, jeden Tag,
bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20)
Auch ein Gebet von Arno Plötz war ihr über diese belastete Zeit hinweg ein
vertrauter und verlässlicher Begleiter:
Du kannst nicht tiefer fallen
als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen
barmherzig ausgespannt.
Es münden alle Pfade
durch Schicksal, Schuld und Tod
doch ein in Gottes Gnade,
trotz aller unsrer Not.
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Hauptbahnhof Zürich
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