Weg-Wort vom 16. Mai 2008
Es geht uns nur gemeinsam gut
Der Glaube an die freie Marktwirtschaft bestimmt unsere Welt und unser Leben
massgeblich. Ein möglichst unregulierter, freier Markt, der allein vom
Prinzip der Maximierung der Gewinne reguliert wird, soll so dieser Glaube
die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Menschen am besten befriedigen.
Wohin die Ideologie des freien Marktes aber führt, wird uns immer wieder
drastisch vor Augen geführt: der Profit dieses Marktes, die masslosen
Gewinne werden privatisiert, die Verluste aber hat die Allgemeinheit, haben
die vielen gewöhnlichen Steuerzahler zu tragen. Das Swissair-Debakel, die
aktuellen Bankenverluste in mehrfacher Milliardenhöhe und die wegen
Finanzspekulationen weltweit massiv gestiegenen Preise der
Grundnahrungsmittel sind deutliche Beispiele dafür.
Unersättliche Gier nach Geld und Macht und die Angst vor deren Verlust* sind
offensichtlich stärker als die Selbstregulierung des sogenannt freien
Marktes. Die Kultur der rücksichtslosen Fixierung auf den eigenen Vorteil
zeigt sich immer ausgeprägter und fast als selbstverständlich. Mit Freiheit
selbstverantwortlich umzugehen, scheint unsere Gesellschaft zu überfordern.
Von einer ganz anderen Denk- und Wertekultur spricht Paulus im ersten
Korintherbrief (12). Für ihn gehören wir alle zusammen, sind wir gemeinsam
ein Ganzes so wie der Körper des Menschen einer ist und doch aus vielen
Teilen besteht. Da kann zum Beispiel der Fuss nicht einfach erklären, er
gehöre nicht zum Leib. Und das Auge kann nicht zur Hand sagen, es brauche
sie nicht.
Denn Gott wollte, dass es keine Uneinigkeit im Körper gibt, sondern jeder
Teil sich um den anderen kümmert. Wenn irgendein Teil des Körpers leidet,
leiden alle anderen mit. Und wenn irgendein Teil geehrt wird, freuen sich
alle anderen mit.
Wir sind demnach im Sinne Gottes ein Ganzes, eine Gemeinschaft und darin
alle auf einander angewiesen. Freiheit ist da immer auch die Freiheit aller
anderen. Es wird uns darum auf Dauer nur gemeinsam gut gehen!
Was uns von Gott gegeben ist, ist uns immer nur im Hinblick auf das Ganze,
auf die Gemeinschaft aller, auf das gemeinsame Wohl gegeben. Denn der Geist
Gottes zeigt an jedem und jeder seine Wirkung in der Weise und mit dem
Ziel, dass alle etwas davon haben.
* vgl. dazu das Manifest zur Ethik in der Wirtschaft, Schweizer Rat für
Wirtschafts- und Sozialpolitik,
www.rat-kontrapunkt.ch
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