Weg-Wort vom 25. Oktober 2012
Ein Lob auf die Musse
Wer leistungsfähig bleiben will muss sich regelmässig Pausen gönnen, das
wissen wir. Aber den meisten Menschen ist es nicht mehr bewusst, wie schön
es ist, einmal nichts zu tun: einfach zu faulenzen. Wir sind es gewohnt
ständig etwas zu
tun, uns zu beschäftigen, auch wenn wir frei haben!
Unser Fleiss, behauptete der Zivilisationskritiker Friedrich Nietzsche, sei
nichts anderes als Flucht und Wille, uns selbst zu vergessen: "Ihr habt zum
Warten nicht Inhalt genug in euch - und selbst zur Faulheit nicht!" Wenn
also Nietzsche recht hat, heisst das, das die Unfähigkeit zum Faulenzen
keine Tugend ist, sondern eine Schwäche?
Ich bin eine Frau, die sich mal für eine Stunde in Pipi Langstrumpf
verwandelt, aus der Welt der braven Erwachsenen ausbricht und macht, was ihr
gefällt: z.B. im weichen, warmen Bett liegend mit einem spannenden Roman.
Ich nehme mir das Recht ab und zu Widerstand zu leisten gegen die Übermacht
der tausend Ansprüche, die das Leben fordert! "Unser Leben trägt seinen Wert
in sich selbst, jenseits aller Nützlichkeitserwägungen und jeder
Verwertungslogik", wie Ulrich Schnabel in seinem Buch "Musse" schreibt.
Nach einer Pause fühle ich mich wieder tiptop, entspannt und zufrieden.
Die Arbeiten gehen schneller von der Hand. Das Auslüften hat gut getan.
Im Markusevangelium Kaptitel 6 steht: "Die Apostel versammelten sich wieder
bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.
Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind,
und ruht ein wenig aus." (Mk 6,30-31)
Schenken wir uns immer wieder Mussestunden und das ohne schlechtes Gewissen!
Mit freundlichen Grüssen
(c) Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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