Weg-Wort vom 23. Juli 2007
Die Kraft der frohen Botschaft
Wenn ich in bestimmten Situationen unsicher bin, greife ich gerne auf alte
Verhaltensmuster zurück, die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Die
sind zwar der heutigen Situation vielleicht nicht mehr ganz angemessen,
geben mir aber doch ein gewisses Gefühl von Sicherheit.
Will ich mir allerdings meine Sicherheit auch für künftige Situationen
bewahren, muss ich mein altes Denken und Verhalten ändern. Das Bedürfnis
nach Sicherheit bleibt dabei zwar das alte. Aber die Bedingungen, um es zu
erfüllen, muss ich den aktuellen Gegebenheiten anpassen. Mache ich das
nicht, habe ich mit der Zeit nur noch eine vermeintliche Sicherheit, verrate
ich mein Sicherheitsbedürfnis, um das es eigentlich geht.
Traditionen sind wichtig für unser Leben, für den einzelnen genauso wie für
Gesellschaft, Kirche und Staat. Wenn wir uns allerdings zu sehr auf die uns
lieb gewordenen äusseren Formen festlegen und uns ängstlich an sie klammern,
laufen wir Gefahr, den inneren, wesentlichen Gehalt der Tradition aus den
Augen zu verlieren. Wir lähmen und ersticken zunehmend, was wir eigentlich
erhalten und fördern wollen. Wir sind mit einemmal Hüter der Asche statt
Erhalter des Feuers.
In Zeiten der globalen Verunsicherung und der Vielfalt der
gesellschaftlichen Wert-vorstellungen ist es darum selbst zerstörerisch,
sich von andern abgrenzen zu wollen mit überkommenen äusseren Formen, die
kaum mehr einen Bezug haben zur Realität von heute, wie das zum Beispiel
rechtskonservative Kreise und zur Zeit vor allem auch einige Exponenten der
katholischen Kirche tun.
Angesichts des religiösen Pluralismus und der kritischen Distanz gegenüber
den Kirchen sind vielmehr die zentralen Grundgehalte des christlichen
Glaubens gefragt. Es geht darum, gemeinsam von dieser frohen Botschaft in
einer für die Menschen von heute verständlichen Sprache und Form zu
berichten und sie vor allem glaubwürdig zu leben.
Als die Jünger auf dem See glaubten, im Sturm zugrunde zu gehen, fragte
Jesus sie: Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen? (Mt 8,26)
Nicht das Schiff rettet uns, sondern Jesus selbst! Darum können wir getrost
ihm und der Kraft seiner Botschaft vertrauen und seinem Geist, den er uns
versprochen hat, der ohnehin weht, wo er will.
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Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
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