Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 6. April 2020
Ende der Fastenzeit?
Mit dieser Woche vor Ostern geht die 40tägige Fastenzeit zu Ende. Diese Zeit des Wartens, der Ruhe und des Verzichts ist bereits früh in der christlichen Tradition entstanden. Es gibt dazu Vorbilder in der biblischen Überlieferung:
Jesus zog sich vor seinem öffentlichen Auftreten 40 Tage in die Wüste zurück. Das Volk Israel musste 40 Jahre durch die Wüste ziehen, bis es endlich in das Land einziehen konnte, das Gott ihm versprochen hatte.
Eine solche Zeit des Verzichts kann selbst gewählt sein. Sie kann einem auch aufgezwungen werden.
Im Moment befinden wir uns neben der kirchlichen auch in einer weltlich angeordneten Fastenzeit. Die Parallelen sind frappant. «Das Leben wird sich verlangsamen.» So hat es Gesundheitsminister Berset zu Beginn vorausgesagt. Und er hatte recht. Neben den vielen Entbehrungen, die wir auf uns nehmen müssen, hat diese Zeit auch ihre positiven Auswirkungen. Durch unsere Entschleunigung kann die Welt wieder aufatmen und sich erholen. Die Auswirkungen sind bereits nach kurzer Zeit spürbar: Die Kanäle in Venedig sind wieder sauber. Wilde Ziegen haben ihren Lebensraum in eine englische Küstenstadt erweitert. Oder für mich besonders eindrücklich: Seismologen können plötzlich wieder kleine Erdbeben wahrnehmen, weil ihre Sonden nicht durch übermäßigen Verkehr gestört werden.
Das Volk hatte nach dem Auszug aus Ägypten keine Ahnung, wie lange die Zeit der Wüstenwanderung dauern wird. Auch wir wissen noch nicht, wann die jetzigen Einschränkungen ein Ende haben werden. Aber ich hoffe, dass das Bewusstsein, welche positiven Effekte Rückzug und Verzicht haben können, weiter anhält.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche