Weg-Wort vom 12. April 2012
Ein Samstag in Thekoa
Sie wissen nicht, wo Thekoa liegt? Das kann ich gut verstehen. Es gehört ja
nicht zum Notwendigsten im Leben. Und Google-earth weiss es auch nicht auf
Anhieb. Dass dort aber Notwendendes passiert, das ist gut zu wissen. Thekoa,
zwischen Bethlehem und Hebron, liegt in palästinensischem Gebiet. Es ist der
Ort, von dem zu alten Zeiten der Prophet Amos herkam und die Leute der
Goldküste Jerusalems ins Visier nahm.
Wahrer Gottesdienst sei gerechter Umgang mit Menschen in Not und nicht die
süssen Gesänge am Sabbat oder heute in christlichen Gefilden am Sonntag. Er
gibt die Wut Gottes über ungerechte Zustände nachhaltig weiter.
Er müsste auch heute noch predigen. Die Verhältnisse haben sich in den
letzten 2700 Jahren seit Amos nicht grundlegend verändert.
Aber es gibt es: Das Verhalten, das Gott mehr bekommt als frömmlerisches
Gesülze. Es passierte in Thekoa. Israelische Ärzte kamen über die Grenze in
palästinensisches Gebiet und hielten Visite. Hunderte von Palästinensern
warteten geduldig bis sie dran waren. Was für eine wunderbare Form von
Gottesdienst, wenn Menschen die eigenen Ängste überwinden und die der
Angehörigen in Kauf nehmen, um denen zu helfen, die es nötig haben.
Sie fragen dabei nicht nach Feind oder Freund, sondern in gut biblischer
Tradition: Wem kann ich Nächster sein? An solchen Orten geschieht
Wunderbares, geschieht Ostern: Ein Schritt ins Leben.
Immer wieder muss ich mir das vor Augen halten, wenn aus diesem
spannungsgeladenen Gebiet berichtet wird. Wenn sich hier die Gemüter
erhitzen, wer jetzt Recht hat - dieser oder jener, dann gibt es je länger je
mehr nur noch diese eine Antwort: Keiner der Wunden schlägt, wird jemals
Recht haben, nur der, der sie heilt. Ich wünsche einen heilvollen Tag.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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