Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 3. September 2021
Gespiegelt
In einem indischen Tempelbezirk streunte einst ein herrenloser Hund herum. Dabei kam er in einen Saal, dessen Wände mit eintausend Spiegeln verkleidet waren.
Da er Spiegel nicht kannte, sah er sich mit einem Mal von eintausend Hunden umgeben. Das behagte dem Tier nicht, es schaute grimmig, begann zu knurren und sah 1000 Hunde, die ihn grimmig betrachteten. Der Hund begann, die Zähne zu fletschen, im selben Moment
fletschten die tausend Hunde ihre Zähne. Das machte den Hund noch wilder, er bellte und sprang drohend umher. Die anderen Hunde taten es ihm gleich. Er geriet völlig in Panik und wäre gewiss vor Erschöpfung gestorben, hätte er nicht den Ausgang gefunden und
wäre geflohen. Die furchtbare Erfahrung steckte ihm in den Knochen. Zukünftig war er überzeugt, dass alle Hunde, ja die ganze Welt ihm feindlich gesinnt seien. Er mied Gesellschaft und lebte allein und verbittert bis ans Ende seiner Tage.
Wie es der Zufall wollte, entdeckte eines Tages ein anderer Hund den Saal im Tempelbezirk und ging neugierig hinein. Auch er hatte noch nie Spiegel gesehen
und fand sich plötzlich unter tausend Hunden wieder. Über sein Gesicht huschte ein Lächeln, und überall sah er Hunde ihm zurück lächeln. Vor Freude begann er mit dem Schwanz zu wedeln, im selben Augenblick wedelten die tausend Hunde mit ihrem Schwanz. Übermütig
drehte er sich im Kreis, und die anderen Hunde machten es ebenso. Als er müde war, verliess er überglücklich den Saal und glaubte fortan, dass andere Hunde, ja die ganze Welt es gut mit ihm meinten. So lebte er glücklich sein Leben lang.
Die Welt spiegelt, was wir in uns tragen. Wenn wir liebevoll mit unserem Innenleben umgehen, können wir anders reagieren und Neues ausprobieren. Mögen Sie
in Ihrem Leben viele Vertrauen stärkende Erfahrungen machen!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Bild von vkhima auf Pixabay
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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