Weg-Wort vom 9. August 2013
Freiheit
Immer, wenn ich von Freiheit rede, darüber lese, mit andern diskutiere,
kommt mir der Refrain von "Me and Bobby McGee" von Janice Joplin in den
Sinn: Freedom is just another word for nothing left to loose - Freiheit ist
nur ein anderes Wort für Nichts mehr zu verlieren haben.
So schön traurig diese Ballade auch klingt, so klar und deutlich ist der
Refrain: Erst, wenn du nichts mehr hast, das sich zu verlieren lohnt, bist
du frei.
Wie viel haben wir zu verlieren? Viel oder gar sehr viel oder noch viel
mehr? Können wir da noch von Freiheit reden, oder sind wir nicht gefangen in
dem, was wir haben. Sind wir wirklich frei?
Oft befürchte ich, dass das, was wir unter Freiheit verstehen eher ein
Definieren des Status Quo ist: So lange es mir gut geht und ich frei über
das verfügen kann, was ich habe, ist alles in Ordnung. Oder: Ich kann alles
haben und bekomme es für ein Trinkgeld. Sind wir wirklich frei oder
ertrinken wir letztlich in dem, was wir haben? Werden wir doch leicht von
dieser oder jener Flut mitgerissen, die Informationsflut ist nur eine davon.
Janice Joplin singt von der Freiheit von dem, was wir im Guten wie im Bösen
haben, was auch wehtut, es zu verlieren. Die Bilder, die ich male, sind nur
zerstörerisch: die Flut, die über einen kommt, oder der Felsblock, der einen
erdrückt. - Davon frei zu sein ist wunderschön: kein Druck, sich selber
entdecken, kein Weggeschwemmt werden, - frei und leicht wie ein Vogel.
Dieses Gefühl gehört zum Moment des Aufbruchs, des Weiterziehens. Wir
Sesshafte sehnen uns danach. Frei sind wir nicht, wir haben zuviel - die
meisten von uns jedenfalls,.
Die andere Freiheit, zu der könnten wir leichter den Zugang finden: Es ist
diejenige, die fragt: "Wozu brauchst du mich?" Ja, wozu brauchen wir sie?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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