Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!

 

Weg-Wort vom 20. Juli 2017

 

Vergebung

Vergebung ist so eine Sache. Ich tue mich oft schwer damit. „Das ist doch nicht gerecht“, höre ich mich dann jeweils sagen. Vergebung annehmen ist noch einmal ein anderes Kapitel. Irgendwie bleibt in mir ein Rest Schuldgefühl hängen.

 

Vor kurzem las ich folgenden Satz: „Wer vergibt, willigt ein, die Last der Schuld weiterzutragen und sie den Tätern abzunehmen.“ Aha, denke ich, die Last der Schuld bleibt also bestehen und muss irgendwie weitergetragen werden. Wenn ich vergebe, bin ich sozusagen bereit, die Last der Schuld zu tragen, oder mit anderen Worten ich trage es dem anderen nicht nach, erwarte nicht, dass er die Last seiner Untat selber trägt.

Nicht einfach diese Logik. In mir regt sich Widerstand: Je nachdem wem ich vergeben soll, fällt es mir leichter oder ich krieg Vergebung eben nicht auf die Reihe. Einer Person die ich gern hab vergebe ich leichter als einer Person, zu der ich keinen guten Draht habe. Das ist menschlich, das ist normal, sage ich mir dann.

Aber irgendwie reicht mir dann meine eigene Antwort nicht. Es bleibt so ein mulmiges Gefühl im Magen, etwas stimmt noch nicht. Meine ganze religiöse Erziehung meldet sich: Einer trage des anderen Last und nicht wie du mir so ich dir. Jesus hat unsere Sünden ans Kreuz getragen… und so weiter. Der Kopf versteht die Worte, aber das Herz macht (noch) nicht mit. In einem solchen Moment hilft mir ein Gespräch. Erzählen was geschehen ist, wer mich wie verletzt hat, sagen, dass ich wütend und traurig bin. Wenn alles mal ausgesprochen ist, geht es oft besser. Es ist der erste Schritt zur Vergebung.

Weitere Schritte folgen. Die Konsequenzen einer Tat muss immer  jemand tragen Entweder ich bin bereit zu tragen, oder der andere muss tragen, weil ich ihm etwas nachtrage.

 

 

Mit freundlichen Grüssen

 

Ihre Bahnhofkirche

 

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