Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
 
Weg-Wort vom 6. November 2020
 
Im Lukasevangelium erzählt Jesus das Gleichnis vom Sämann. Der Samen, den der Sämann streut, fällt teils auf den Weg und wird zertreten oder von Vögeln aufgepickt, teils auf Felsen, um dort sogleich aufzugehen, aber dann mangels Feuchtigkeit zu verdorren, teils unter Dornen, wo die aufgehenden Pflanzen erstickt werden. Nur ein kleiner Teil fällt auf guten Boden und bringt Frucht.
Oft wird dieses Gleichnis als Drohgeschichte gedeutet: Der Same ist das Wort Gottes. Nur bei wenigen wird es fruchtbar. Also muss man alles tun, um dazu zu gehören: Beten, Bibel lesen, Gottesdienste besuchen usw.
Für mich ist es eine Entlastungsgeschichte. Sie sagt mir: Vieles, was meinen Glauben beeinflusst, steuere ich nicht selbst. Es kann so sein, als ob mein Vertrauen ins Gute, zu Gott, zertreten würde. Durch körperliche oder psychische Verletzungen, z.B. Oder Sorgen um Geld oder Wohnung werden wie trockener Boden, der Wachstum verhindert. Vertrauen kann so nicht reifen. Ich höre also aus der Geschichte: In Vielem sind wir dem Leben schlicht ausgeliefert. Aber sie sagt mir auch, dass der Same manchmal doch Frucht bringt. Jesus erklärt das so: «…das sind die, welche das Wort mit rechtem und gutem Herzen gehört haben, es bewahren und Frucht bringen in Geduld.»
«Mit rechtem und gutem Herzen hören», «bewahren und Frucht bringen in Geduld».
Offenbar gibt es im Glauben keine schnellen Lösungen. Es geht um ein Tasten und Suchen, um ein Offenwerden. Darum, dass etwas zu wachsen beginnen kann.
Das ist es, was man selber tun kann: Mit allem, was einem geschehen ist, so offen wie möglich zu sein. Mehr nicht.
 
Mit freundlichen Grüssen
 
Ihre Bahnhofkirche
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Abbildung: Paul Klee, Engel – noch tastend, 1939, Zentrum Paul Klee, Bern. Quelle: Wikimedia Commons
 
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