Weg-Wort vom 23. Juni 2008
Wenn ich ganz still bin
Wenn ich ganz still bin
kann ich von meinem Bett aus
das Meer rauschen hören
es genügt aber nicht ganz still zu sein
ich muss auch meine Gedanken vom Land abziehen.
Es genügt nicht alle Gedanken vom Festland abzuziehen
ich muss auch das Atmen dem Meer anpassen
weil ich beim Einatmen weniger höre.
Es genügt nicht den Atem dem Meer anzupassen
ich muss auch Händen und Füssen die Ungeduld nehmen.
Es genügt nicht Hände und Füsse zu besänftigen
ich muss auch die Bilder von mir weggeben.
Es genügt nicht die Bilder wegzugeben
ich muss auch das Müssen lassen.
Es genügt nicht das Müssen zu lassen
solange ich das Ich nicht verlasse.
Es genügt nicht das Ich zu lassen
ich lerne das Fallen.
Es genügt nicht zu fallen
aber während ich falle
und mir entsinke
höre ich auf
das Meer zu suchen
weil das Meer nun
von der Küste heraufgekommen
in mein Zimmer getreten
um mich ist.
Wenn ich ganz still bin.
(Dorothee Sölle)
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Hauptbahnhof Zürich
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