Weg-Wort vom 4. September 2008
Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens.
Seite für Seite danken die Besucher Gott im Bittbuch der Kapelle. Sie danken
Gott, weil er sie vor Unglück bewahrt hat, beschenkt hat, weil Gott sie
geheilt- oder ihre Beziehung gerettet hat.
Das Wissen, dass nichts selbstverständlich ist, macht Menschen dankbar
gegenüber dem Ganzen gegenüber Gott. Zu wissen: ich kann mich noch so
bemühen, wenn es gelingt, wenn ich gesund bleibe, Kraft habe und geliebt
werde, ist das ein Geschenk des Lebens, das von ihm kommt.
Warum also beklagen wir uns so oft im Leben, obwohl wir gleichzeitig sagen:
Eigentlich müsste ich dankbar sein. Dennoch fühlt man sich gelegentlich
oder öfter von Gott im Stich gelassen, weil.....
Als ich ein Kind war, waren mir falsche Geschenke ein Gräuel. Von mir
wurde dafür Dank erwartet für etwas, das ich gar nicht wollte, ja nicht
einmal danach gefragt hatte. Personen, die mir gutmeinend das Falsche
schenkten, lehnte ich ab. Ich fühlte mich von ihnen unverstanden, in meinem
Wesen nicht angenommen. So schob ich dann die ungewünschte Gabe einfach in
eine Ecke und hoffte, der Person nicht mehr zu begegnen.
Wir können ablehnen, hadern mit dem, was uns zufällt. Aber das verschliesst
uns das Herz gegenüber dem Geber. Das verschliesst uns gegenüber Gott.
Indem wir dankbar sind für das, was man uns schenkt, öffnen wir uns und
nehmen den Gebenden an. Wir lassen ihn ein in unser Herz. So kann er uns
besser verstehen, und wir können sein Geschenk dankbar annehmen.
Wer Dankbarkeit gegenüber Gott zu äussern vermag, sich freut über das, was
ihm zufällt, bewahrt es in seinem Herzen. Wer so dankbar das Gute im Leben
einsammelt, macht es dem eifrigen Eichhörnchen gleich, das seine Vorräte
versteckt. Davon kann es dann im Winter zehren, wenn weniger Nahrhaftes zu
finden ist. Wer dankbar ist, festigt seine Beziehung zu Gott und öffnet ihm
sein Herz.
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche