Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 7. November 2016
Am 30. November 2016 habe ich meinen letzten Arbeitstag in der Bahnhofkirche. Nach
fünfzehneinhalb Jahren im Untergrund des Hauptbahnhofes gehe ich in die Pension. Es war
mir eine Ehre, die Bahnhofkirche aufzubauen und mitzugestalten. Und ich bin Ihnen für Ihre
Treue und Unterstützung dankbar. Meine letzten zehn Weg-Worte sind dem gewidmet, was mir
im Leben und in der Bahnhofkirche wichtig ist.
8 Lachen und Weinen mit offenen Armen
Dass ich gerne lache, das haben sie sicher schon bemerkt. Trauriges und Schweres im Leben,
in der Seelsorge, in Film und Fernsehen, auf der Welt bringen mich auch zum Weinen. Ich
habkeine Mühe, meine Gefühle zu zeigen. Ich halte sie nicht zurück, schon gar nicht
vornehm.
Ich weiss, dass das einige Menschen stört in meinem Umfeld. Letzthin hat mir jemand ganz
unfreundlich gesagt: "Deine Gefühle interessieren mich nicht!" Mir ist das
vorgekommen, wie wenn jemand mir mein Daseinsrecht nimmt. Ich finde, wir sind angewiesen
auf die Gefühle voneinander. Sie bestimmen uns, ob wir sie zeigen oder nicht. Sie kommen,
ob wir es wollen oder nicht. Da bin ich eben für Transparenz, dass wir uns einander unsere
Gefühle zeigen. Dazu gehören auch Wut, Ärger und Zorn - also nicht nur die angenehmen
Gefühle.
Wichtig ist mir aber, dass wir trotz der (starken) Gefühle füreinander offen bleiben, auch
wenn wir verletzt worden sind. Ich habe da immer das Bild vom guten Vater und vom
verlorenen Sohn vor mir. Der Sohn hat den Vater wirklich ausgenützt und wohl auch
verletzt. Die Arme des Vaters bleiben aber offen, um einen Neuanfang zu ermöglichen.
Lachen und Weinen mit offenen Armen. Zornig und verliebt sein mit offenen Armen - das ist
mir wichtig. Sich zeigen, wie man fühlt, sich offen zeigen, wie man dran ist - mit offenen
Armen -, damit fällt man zwar auf, aber kommt auch weiter!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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