Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 10. August 2021
Drogen, Raub und Glaube
In einer früheren Tätigkeit als Gefängnisseelsorger bin ich einem Mann begegnet, der zutiefst an sich zweifelte, weil er sich eigentlich ein ruhiges Leben wünschte, aber zum wiederholten Mal Drogen konsumiert
und Raubüberfälle verübt hatte. Die Suchtkrankheit und andere Folgen seiner schwierigen Lebensgeschichte waren stärker als seine Sehnsucht nach Frieden. Mit seinen eigenen Kräften und Möglichkeiten stiess er an Grenzen.
Einige Jahre zuvor – so erzählte er - war er in Kontakt mit einer Freikirche gekommen. Von deren Glaubensbotschaft hatte er sich angesprochen gefühlt. Also begann er, wieder in der Bibel zu lesen. Im Gespräch über die Texte und vor allem in der Auseinandersetzung
mit sich selbst lernte er nach und nach, sich sehr realistisch zu sehen. Er sah ein, dass er sogar nach einer erfolgreichen Drogentherapie wieder rückfällig werden könnte, dass er schlicht nicht dafür garantieren könne, nicht doch wieder ein Delikt zu begehen.
Und gerade, weil er sich so schonungslos sehen musste, konnte dieser Mann noch etwas anderes entdecken: Der Wert und die Würde eines Menschen können nicht davon abhängen, wie sehr er sein Leben im Griff hat, wieviel ihm misslingt oder gelingt. Er verstand,
dass ihm seine Würde zugesprochen wird und dass er sich seinen Wert nicht erarbeiten muss. In den Gesprächen mit ihm habe ich einen Text der Bibel erst richtig verstehen gelernt:
«Weil wir aber wissen, dass ein Mensch nicht dadurch gerecht wird, dass er tut, was im Gesetz geschrieben steht, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus Jesus gekommen, damit wir aus dem Glauben an Christus gerecht
würden und nicht dadurch, dass wir tun, was im Gesetz geschrieben steht; denn durch das Tun dessen, was im Gesetz geschrieben steht, wird kein Mensch gerecht werden» (Galaterbrief 2, 16).
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Foto: PxHere.
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