Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
 
Weg-Wort vom 5. Mai 2021
 
Unterm Mantel
Ich bin als Reformierter im urreformierten Kanton Bern aufgewachsen. Von daher ist mir die Verehrung der Gottesmutter Maria bis auf den heutigen Tag fremd geblieben. Macht ja nichts - Ökumene lebt von Unterschiedlichkeiten, die das Ganze des christlichen Glaubens bereichern.
Ein Motiv der Marienverehrung spricht mich allerdings durchaus an. Nämlich das der Schutzmantelmadonna. Dieses seit dem Mittelalter bekannte Bildthema zeigt Maria, wie sie die Gläubigen mit ihrem weit ausgebreiteten Mantel unter ihren Schutz stellt.
Immer wieder scheinen Menschen solche Bilder in Visionen gesehen zu haben. In Situationen der äusserlichen Bedrohung haben sie sich in eine Art seelischen Schutzraum begeben. Als ob sie spürten: Meine Existenz mag bedroht sein, aber mein Innerstes, mein Wesen ist umgeben von guten, heiligen Kräften. Ein tröstliches und starkes Bild!
Und: Es gibt auch ein ergänzendes Motiv, das für evangelische Gemüter kompatibel ist. Paul Gerhardts Liedstrophe aus Sollt ich meinem Gott nicht singen: «Wie ein Adler sein Gefieder über seine Jungen streckt, also hat auch hin und wieder mich des Höchsten Arm bedeckt…»
In diesem Text, der sich auf einen Vers aus dem 5. Mosesbuch (5. Mos 32,11) bezieht, sind es die starken und weiten Flügel des Adlers, die beschützen.
Des Adlers Flügel oder Mariens Mantel: Schön und gut, dass es eine Vielfalt von Bildern für das Göttliche gibt und wir aus diesem Reichtum für uns schöpfen können!
 
Mit freundlichen Grüssen
 
Ihre Bahnhofkirche
 
Abb: Schutzmantelmadonna, 17. Jh, Kirche in Stara Sil’, Ukraine, Wikimedia Commons. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Virgin_of_Mercy_ikon,_Ukraine_17_Century.jpg
 
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