Weg-Wort vom 24. August 2007
Alles ginge besser
Wenn es nur besser ginge... sagen die Wirtschaftsleute, wenn die Marktlage
am Boden liegt. Wenn es nur besser ginge... sagen Menschen in bedrückenden
und scheinbar ausweglosen Situationen. Wenn es nur besser ginge... ist
ein legitimer Wunsch von uns allen in bedrängenden Momenten. Doch meist geht
es nicht von selber besser.
Vor mehr als 180 Jahren machte der deutsche Schriftsteller Johann Gottfried
Seume seine berühmte Wanderung von Leipzig nach Syrakus. Und weil er meist
zu Fuss ging, hatte er viel Musse, sich die Landschaft und die Städte
anzuschauen. Er hatte aber auch Zeit, sich über das Zu-Fuss-Gehen Gedanken
zu machen. Dabei ging ihm auf, dass der Gehende mehr wahrnehmen kann als der
Fahrende. Und es formte sich in ihm die Gewissheit, dass alles besser gehen
würde, wenn man nur ginge.
Das Gehen ist in der Tat ein Mittel gegen das Festsitzen. Wenn wir in
unseren Gedanken herumkreisen, krampfhaft für ein Problem nach einer Lösung
suchen, kann ein Spaziergang Wunder wirken. Beim Gehen kommen wir in
Bewegung. Wir suchen einen Weg, der auch dem Auge etwas bietet, der
vielleicht unsere Ohren erfreut oder die Nase verwöhnt. Bei jedem Schritt
verändert sich die Umgebung. Die Perspektive verschiebt sich. In unser
Gesichtsfeld geraten Dinge, die wir eben noch nicht gesehen haben.
Dadurch kommt auch etwas in uns in Bewegung. Wir gewinnen Distanz zu den
fragenden, bedrängenden oder gar verzweifelnden Schichten in uns. Nicht
selten geschieht es dann, dass wir plötzlich andere Zugänge zur scheinbar
aussichtslosen Situation entdecken und eine zündende Idee zu einem nächsten
Schritt aufblitzt. Ah, so ist das! Ah, darum ist es nicht gegangen!
Ah, so kann es gehen! Ja, alles geht besser, wenn wir gehen!
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche