Weg-Wort vom 17. April 2008
Singen
Am Morgen will ich singen, im Licht, das du mir schenkst.
Den Tag möchte ich verbringen, wie du mein Leben denkst.
Der Abend wird verstehen, wie du die Welt gedacht.
Uns singend werd ich sehen, dein Licht in meiner Nacht. (RG 50)
In einer leeren Kirche hörte ich am Abend oft eine Frau singen. Sie sang
dort allein, um ganz bei sich zu sein. Sie sang, weil es ihrer Seele gut
tat. Dank dem Singen konnte sie ihren Schmerz ertragen.
Durch sie habe ich erfahren wie heilend Singen sein kann. Es hebt und
festigt die Stimmung, wenn man bei schlechter Laune ist. Summt man vor sich
hin oder singt, klingt eine Melodie auch im Herzen. Die Melodie begleitet
uns und wehrt den düsteren Gedanken.
Alle Menschen können summen oder singen. Gott hat uns diese Fähigkeit
mitgegeben. Seit allen Zeiten machen Menschen mit ihren Stimmen Musik. Mit
Gesang lobten sie Gott, vertrieben ihre Einsamkeit und machten sich
gegenseitig Mut. Singend erzählten sie sich auch Geschichten.
Gutes tut sich, wer den Tag mit einem Lied oder Gebet beginnt. Sind uns die
Töne zuerst auch fremd, sind sie Teil von uns und gehören zu uns. Die
Schwingungen die wir selbst erzeugen, bewirken auch, dass wir uns besser
spüren. So kommen wir uns selbst näher und damit Gott.
Die Psalmendichter fordern darum immer wieder auf, mit jubeln und singen
Gott zu preisen. Gott freue sich, wenn wir Menschen singen. Gott singend zu
loben ist doppeltes Gebet. Mit Singen anerkennen wir gegenüber Gott dankend,
dass wir Menschen sein dürfen. Darum heisst es, wir sollen Gott auch dann
loben, wenn uns ums Klagen ist.
Schön ist es darum, wenn an Abdankungen gesungen wird. Der Gesang fördert
die Gemeinschaft und das hilft den Trauernden das Leid besser zu ertragen.
Denn mit andern zu singen verbindet. Und solange die Trauernden singen,
können sie die nagenden, fragenden und sich kreisenden Gedanken
unterbrechen. Das hilft, auch in tiefster Trauer, den Hoffnungsfunken
anzufachen. Mit singen kann das Flämmchen der Zuversicht wieder etwas
aufleuchten. Und singend werd ich sehen, dein Licht in meiner Nacht.
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
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