Weg-Wort vom 7. Juni 2010
Sinn - Bilder des Lebens
Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht
lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre,
einige vernünftige Worte sprechen. ( in Goethes Wilhelm Meister)
Eine Freundin von mir feierte letztes Wochenende ihren 60. Geburtstag. Ich
wollte ihr etwas Spezielles
schenken. Sie liebt Literatur, aber auch Musik und vor allem Malerei.
Deshalb suchte ich einen befreundeten Künstler in seinem Atelier auf. Auch
diesmal konnte ich mich kaum satt sehen an seinen Bildern und Skulpturen.
Beim Anblick eines seiner Werke fragte ich ihn: Was für einen Gedanken
hattest du, als du dieses Bild gemalt hast? Seine Antwort war: Wenn ich
denken würde, würde ich schreiben und nicht malen.
Es ist eine schöpferische Kraft, die ihn antreibt. Seine Werken offenbaren
seine
Empfindungen; sie bilden seine Wahrnehmung der Wirklichkeit ab. Es sind
wahre Sinn-Bilder des Lebens.
Zwischen den Bildern und Plastiken gibt es jede Menge Grünpflanzen. Wir
sitzen da, trinken etwas zusammen und reden über seine Ideen für künftige
Projekte. Auf dem Heimweg bin ich noch ganz erfüllt von den vielen
Sinneseindrücken. Kunst ist eben weit mehr als nur etwas Schönes fürs Auge.
Wir können nämlich Bilder ansehen und durch sie sehen.
Vincent van Gogh schrieb 1880 an seinen Bruder Theo: Suche das letzte Wort
dessen zu verstehen, was die grossen Künstler in ihren besten Werken sagen
darin ist Gott. Der eine hat es in ein Buch geschrieben oder gesagt, der
andere in einem Gemälde! Es war sein Credo, dass im Grunde nichts wirklich
künstlerischer wäre, als die Menschen zu lieben. Da, wo Liebe neu geboren
wird, wird das Leben neu geboren. Seine Liebe zu den Menschen fand immer
wieder ihren Ausdruck in seinen Bildern. Ein Buch trägt den Titel Malen ist
manchmal wie säen. Treffender kann man es nicht ausdrücken.
Schlussendlich habe ich mich für die Skizze einer ganz speziellen Pietà als
Geburtstagsgeschenk für meine Freundin entschieden: Ein kleiner Mensch ist
liebevoll aufgehoben und geborgen in den Armen eines grösseren Menschen.
Mehr noch in den Armen und in der Liebe Gottes, die uns alle umfängt und
hält.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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