Weg-Wort vom 21. April 2006
Oster-Märsche
Am letzten Samstag las ich die Meldung: Ostermarschierer wieder unterwegs.
Mit Kundgebungen in mehreren Städten haben am Karfreitag die traditionellen
Ostermärsche der Friedensbewegung begonnen. Im Zentrum der Veranstaltungen
steht dieses Jahr der Atomkonflikt mit Iran. Friedensinitiativen wollen auf
etlichen Kundgebungen über das Wochenende gegen einen Krieg und für eine
politische Lösung des Streits über das iranische Atomprogramm demonstrieren
. Und am Dienstag hiess es dann, dass dieses Jahr wieder mehr Menschen an
solchen Ostermärschen teilgenommen haben, um auf heutige Probleme aufmerksam
zu machen.
Solche Ostermärsche sind keine neue Erfindung. Wenn wir die biblischen
Ostererzählungen nachlesen, ist es erstaunlich, wie viel da gelaufen wird:
In der Frühe des Ostermorgens gehen die Frauen mit Salben zum Grab; Petrus
und Johannes laufen diesen Weg um die Wette. Zwei Männer gehen enttäuscht
von Jerusalem weg nach Emmaus. Ein Engel fordert Jesu Anhänger auf nach
Galiläa zu gehen. Jesus selber schickt Maria von Magdala, die in seiner Nähe
bleiben will, von sich weg zu den Jüngern.
Alle diese biblischen Gestalten gehen anders vom Grab weg als sie gekommen
sind. Auf dem Hinweg sind sie enttäuscht, mutlos, in Trauer; auf dem Rückweg
zunächst erschreckt über das unerhörte der neuen Botschaft und dann voller
Freude und Mut. Es scheint beim Entdecken des geöffneten und leeren Grabes
kein ruhiges Verweilen und Festhalten zu geben, sondern gleich ein
Weitergehen und Weitergeben der Botschaft.
Die biblischen Frauen und Männer bringen ihre Erfahrungen mit dem lebenden
Jesus Christus dorthin, wo man es noch nicht weiss, wo das österliche Leben
noch nicht in die Gräber und Grüfte gedrungen ist. Durch die Begegnung mit
dem Auferstandenen wagen sie sich in aussichtslose Situationen hinein. Neues
Leben bricht dort auf, wo vorher aller Mut und Lebensgeist aufgegeben war.
Marschziele für christliche Ostermärsche gibt es viele. Trauernden Menschen
soll Mut und Nähe gebracht werden. In ihrer Not alleingelassene Menschen in
nah und fern warten auf praktische Solidarität. Ein am Leben orientiertes
Handeln ist in den kleinen und grossen Lebenswelten notwendig. Der
Kapuzinerpater Dietrich Wiederkehr sagte einmal: Ostermarschierer sind auch
heute gesucht.
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche