Weg-Wort vom 24. August 2010
Einkehren
Vergangene Woche verbrachte ich einige Tage in einem
Benediktinerkloster. Indem ich an den klösterlichen Gebetszeiten teilnahm,
mich einreihte in den Tages-rhythmus der Mönche, folgte ich einer
vorgegebenen Struktur. Nichts brauchte ich zu überlegen oder zu entscheiden.
Einzig der Entscheid, um 5 Uhr in
der Frühe zur Laudes in der grossen Kirche zu sein, kostete mich
Überwindung. Doch ich spürte schnell, wie gut es tat, mich hineinzugeben in
eine Ordnung, die ich nicht erst selbst schaffen musste.
Die Struktur half mir, dass der äussere Rhythmus auch zu meinem inneren
wurde. Ich wurde ruhiger, dachte nicht mehr an die Arbeit und an Probleme.
Die waren nicht verdrängt oder einfach weg. Aber sie wogen nicht mehr schwer
und waren deshalb auch keine grosse Belastung mehr. Ich konnte auf einmal
Vieles neu gewichten.
Wenn die Mönche zum Gebet einzogen und im Chorraum ihren Platz einnahmen zu
Laudes, Konventamt, Mittagsgebet, Vesper und Komplet, dann spürte ich etwas
von diesem befreienden Wirken Gottes und seiner Geistkraft. Ich hatte mich
darauf eingelassen, meinen Alltag durch die Regeln im Kloster zu
unterbrechen. Ich machte die Erfahrung des Einkehrens bei mir selbst, als
ich Gott den Platz in der Mitte überliess. Einkehrtage
steht denn auch auf meinem Zahlungsbeleg, der mir auf dem Sekretariat vor
meiner Heimreise ausgehändigt wurde. Solche Tage lassen sich nicht nur mit
Geld begleichen. Es kostet mitunter auch Überwindung, sich überhaupt dafür
zu entscheiden.
Einkehren in den eigenen Seelenraum und mein Leben nach Gott ausrichten
möchte ich weiterhin, in meinem Alltagsleben, an meinem Platz.
Die Tage so ordnen und gestalten, dass darin Unterbrechungen Platz haben und
die verschiedenen Rhythmen sich die Waage halten: Tun und Geschehen lassen,
Auszug und Einkehr, Öffnung und Rückzug.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch