Das
Höchst(en)gebot
Ich möchte gleich mit einer sehr persönlichen Frage beginnen: Wer von ihnen betet zu anderen Göttern? Solche Gesichter machten meine Konfirmanden auch, als ich sie jeweils fragte: Wo habt ihr denn zu Hause euren Altar stehen?
Was ist denn eigentlich mit "Göttern" gemeint?
Ein grosser Theologe hat eine kurze Definition für "Gott"
geliefert: "Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott." Das war
Martin Luther. Und woher weiss ich, woran mein Herz hängt? Deshalb hat sich ein
anderer Theologe unserer Zeit eine neue Definition überlegt: "Woran du am
meisten denkst, das ist dein Gott." Woran ich mein Herz hänge, ist in der
Regel das, woran ich am meisten denke.
Was ist es bei Ihnen? Das Problem sind nicht die Dinge, die Bereiche an sich. Arbeit, Familie, Gesundheit, Fernsehen, Geld, Wohnen, Alkohol - sie sind nichts Schlechtes. Das Problem ist, wenn das Mass zum Übermass wird. An sich gute Dinge werden schlecht, wenn sie zu viel Raum in unserem Leben beanspruchen, wenn ich ihnen zu viel Gewicht beimesse. Auf der einen Seite schenken sie uns Befriedigung, aber sie führen auch in Unfreiheit, sie bringen uns Sinn und Abhängigkeit zugleich. Wir Menschen sind in einer Zwickmühle. Wir müssen uns zum Beispiel sagen: Einerseits saugt mich dieser Gott "Arbeit" aus, andererseits ernährt er mich und meine Familie, und das sehr gut, es wird uns mehr möglich. Wie aber verweise ich diesen Götzen in seine Schranken? Das ist unsere Aufgabe.
Und das erste Gebot beginnt nicht: "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben." Es beginnt: "Ich bin der Herr, dein Gott." Es geht beim ersten Gebot – dem Höchst(en)gebot – nicht um ein Nein, sondern um ein Ja: um Gottes Ja zu uns und um unsere Freiheit.
Mit freundlichen Grüssen