Weg-Wort vom 24. Februar 2011
Wenn wir atmen
Ich kann versuchen, den Atem anzuhalten, immerzu nur auszuatmen oder nur
einzuatmen. Es ist unmöglich. Im Atmen lerne ich ganz elementar, dass sich
das Leben im Rhythmus ereignet: Ein aus, ein aus... Wir können es uns
gar nicht anders vorstellen.
Ein indisches Sprichwort sagt: Der Atem ist der Ordner aller Dinge, der
beste Kamerad der Erde. Er ist immer mit uns. Er ist ein zuverlässiger
Gradmesser unseres Wohlbefindens. Er kann nicht lügen. Wenn ich ängstlich
oder aufgeregt bin, geht auch der Atem hektisch und schnell. Bin ich ruhig
und gefasst, ist auch dies im Atem spürbar.
Der Atem kann auch als Instrument benutzt werden, um zur Ruhe zu kommen.
Wenn ich mich in den ruhigen Rhythmus des Ein und Aus einfügen kann, komme
ich als ganzer Mensch zur Ruhe. Schon die einfache Beobachtung des Atems
kann uns helfen, von der Kopflastigkeit wegzukommen und zu unserer Mitte zu
finden: dort, wo das Ein- und Ausatmen geschieht. Damit kommen wir zur Ruhe
und zu uns selbst.
Bei der Erschaffung des Menschen heisst es: Da formte Gott den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem (Gen 2,7).
Danach ist der Atem etwas, was unmittelbar von Gott stammt. Er kann uns auch
mit ihm verbinden.
Das Jesusgebet der Ostkirche wird auch mit dem Atem verbunden. Die
gebräuchlichste Fassung besteht nur aus sechs Worten: Herr Jesus Christus,
erbarme dich meiner! Die ersten drei Worte sollen mit dem Einatmen, die
letzten drei mit dem Ausatmen verbunden werden. Wir atmen Jesus, seine
Wahrheit, sein Leben, seine Liebe in uns hinein, und mit der verbrauchten
Luft geben wir unsere Ängste, unsere Versäumnisse und Verfehlungen ab. Wir
atmen den neuen Menschen ein und den alten aus.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi, Beat Schlauri
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